Nordamerika ab 25.7.19

Mir fällt auf, dass ich schon in Zentralamerika sehr wenig geschrieben und Bilder geschossen habe. Die besten Bilder gelingen, wenn es einem gut geht. Und die allerbesten, wenn man glücklich ist. Für mich hat diese Reise aufgehört, dass zu sein, was ich von ihr erwartet habe. Das hat viele Ursachen. Die zunehmende Hitze, Krankheit einhergehend mit Kraft- und Lustlosigkeit. Habe noch nie so viel abgenommen, wie in letzter Zeit. Man findet kaum Stellplätze, die Erholung von der Fahrerei bieten. Essen wird ohne Selbstversorgung und ohne vernünftige Gaststätten zum Problem. Ich konzentriere mich darauf, auf kürzestem Wege einen Hafen an der Ostküste der USA zu erreichen. In den letzten 10 Jahren war ich mind. die Hälfte ständig auf Reisen (Asien, Afrika, Europa). Ich glaub das reicht jetzt. Zumindest was die langen Weltreisen betrifft. Irgendwann kommt der Punkt, wo man glaubt, der Entdeckerdrang lässt nach. Mein Sohn meint, auch in Deutschland gibt es viel zu sehen. Schaun wir mal, ob es dort noch einen außergewöhnlichen Ort gibt, den ich noch nicht gesehen habe.

In Nogales geht es über die Grenze Mexiko-USA. Keine Mauer, aber ein mächtiger stacheldrahtverzierter Metallzaun trennen die beiden Länder. Der Zaun soll Süd- und vor allem Zentralamerikaner davon abhalten, in die USA einzuwandern. Ungeachtet dessen stehen von beiden Seiten der Grenzkontrolle unzählige PKW an. Amerikanische und mexikanische Touristen, die eine befristete Einreisegenehmigung  erworben haben. Die erste Grenze in Amerika, bei der alles geordnet abläuft, während man im Auto sitzen bleibt. Keine Papiere, die man irgendwo ergattern und dann auch noch ablichten muss, außer des Permit.

Hinter der Grenze in Tucson flüchte ich wieder in ein Hotel mit Klimaanlage. In einer Kakteenlandschaft schaue ich mir vorher noch ein Camping-Stellplatz an. Da mein Camper keine Klimaanlage hat, ist es aber bei 40° unmöglich auch nur daran zu denken, im zusätzlich aufgeheiztem Auto zu schlafen. Ringsum nur spärlich bewachsene Wüste, kein Schatten spendender der Baum, keine Wolke am Himmel. Die Sonne erbarmungslos am Zenit, Hitze wie im Backofen. Anfang August steigen die Temperaturen in Arizona bei einer Jahrhundert-Hitzewelle bis auf 47°. Erst mit der Erfindung der Klimaanlagen sind solche Städte wie Phoenix oder Las Vegas denkbar geworden.

Das Gebiet südlich des 37. Breitengrades der USA nennt sich Sun Belt (Sonnengürtel). Diese Region hat sich in den letzten Jahren zur Zukunftsregion der Amerikaner entwickelt. Nach Tuchson fahre ich nach Phoenix, einer gesichtslosen Stadt. Dort versuche ich einige Dinge zu regeln: Einen Reifen wechseln und den Motor reparieren, der nur noch verringerte Leitung hat (schlechter Diesel, Dieselfilter zugesetzt?). Bin aber im Land der unbegrenzten Möglichkeiten maßlos enttäuscht. Auch hier bekomme ich keine Ersatzteile für den Toyota Proace, ein Auto, was es hier nicht gibt. Für Amerika war das Fahrzeug ein Fehlkauf. Die auf Geschwindigkeit und Gewicht dieses Kastenwagens geprüften Reifen gibt es nicht. Und welche zu ordern, ist kein Reifenladen imstande. Und ein Dieselfilter ist nicht auf Lager. Einen zu bestellen dauert länger, als ich warten kann. Jetzt fährt das Auto nur noch 120 km/h. Na gut, die müssen reichen, mehr sind hier auch nicht zugelassen. Trotzdem fahren auf diesen ausgezeichneten, asphaltierten Straßen außergewöhnlich viele Allrad-Geländewagen, die noch nie im Gelände gefahren sind. Fahren  kann man hier sehr entspannt auf meist mehr als 4 Spuren. Kein Stau, keine Agressivität, aber wehe wenn.

Zugleich suche ich einen Arzt, der mir sagen kann, wie meine eigene, akut verringerte Leistung eingestellt werden kann. Mein Herz ist o.k., sagt der Kardiologe nach EKG und Kardiogramm. Schön, aber was war es dann? Kann er nicht sagen. Auf Reisen nehme ich immer ab, aber 15 kg? Das war zu viel.

Eine der unangenehmsten Seiten bei der Art zu Reisen, ist der Papierkram. An der Grenze hat sich keiner interessiert für eine Haftpflichtversicherung für das Auto. Also suche ich eine Versicherung. Aber keine will für das Auto oder den Fahrer versichern. Wie soll ich da meiner Pflicht nachkommen? Ich überlege schon, ohne zu fahren, bin ja schon bis Phoenix gekommen. Aber das wäre eine Straftat. Ich hatte zwar noch keine Begegnung mit der Polizei, die ist hier auch wenig präsent, aber das Risiko wäre dann doch sehr hoch. Eine der ganz wenigen Versicherungen, die versichern würde, verlangt für 90 Tage 1.200,- Dollar. Das ist mir zu heftig. Dann finde ich eine Versicherung, die man im Internt abschließen kann und für 30 Tage „nur“ 170 Dollar kostet (fernando@segurogringo.com). Für ein Fahrzeug, das nicht in den USA zugelassen ist, und dessen Fahrer keinen festen Wohnsitz in den USA hat. Ob eine Versicherung auch im Fall des Falles bezahlt, weiß man auch bei den ganz teuren nicht. Mir reicht eine, die man vorzeigen kann und die zumindest theoretisch eine ausreichende Absicherung hat.

Nach 13 Tagen im klimatisierten Hotel geht es endlich weiter nach Kingmann. Kingman nennt sich die „Route-66-Hauptstadt“. Außerdem sprengen die Hotelkosten meine geplanten Budget-Traveller-Kosten. Die Route 66 galt ab 1926 als eine der ersten durchgehend befestigten Straßenverbindungen von der Ost- zur Westküste. Sie wurde durch den Interstate Highway ersetzt und so vom Durchgangsverkehr abgeschnitten. Heute sind die nicht mehr durchgehend befahrbaren, aber erhaltenen Teilstücke ein romantisch verklärter Anziehungspunkt für Touristen und Nostalgiker. Die Straße ist ein ähnlich mythischer, verklärter Kult wie die Pferde und Cowboys des Wilden Westens. In Arizona existiert zwischen den Orten Seligman und Kingman ein gut erhaltener Streckenabschnitt. Seligman wird als „Geburtsort der historischen Route 66“ bezeichnet. Dort quartiere ich mich in eins der der hier typischen Motels ein, das von sich behauptet, Elvis sei hier. Stattdessen spielt abends in der Bar ein in die Jahre gekommener Langweiler auf seiner Gitarre.

Vor dem Grand Canyon windet sich die Straße bis auf über 2.000 m hoch aufs Colorado Plateau, wo ich hoffe, dass die Wüstenhitze verschwunden ist und eine frische Brise weht. Am Rand des Grand Canyon hält man erst mal die Luft an. Die gigantische Schlucht in dem Hochplateau mit ihren Schichtenfolgen ist etwas 250 Mio Jahre alt und bis zu 1.600 m tief. Geformt vom Colorado River. Ich übernachte im Nationalpark auf dem Camp im Auto. Die Sonne brennt zwar am Tag wie gehabt, aber man findet unter Kiefern Schutz und in der Nacht kühlt es stark ab.

Ein 10 km Fahrradweg führt entlang der Kante des Canyons und ich und lass den Canyon-Film vor mir ablaufen. Zurück nehme ich den Shuttle-Bus, der alle 2 km hält und Fußgänger mitnimmt.

Abends wechsele ich den Campingplatz am Ende des Canyons ein paar Meilen weiter und beobachte die Touristen, wie sie den Sonnenuntergang beobachten. Das die Straße überquerende Rehwild scheint an den Besucherstrom gewöhnt zu sein. Auf der Weiterfahrt ist noch der kleine Canyon zu sehen, von denen es hier unzählige gibt. Hier ist deutlicher zu sehen, dass es eine vom Wasser ausgespühlte Rinne in einer Ebene ist.

Der Horseshoe Bend ist ein hufeisenförmiger Mäander des Colorado River in der Nähe der Stadt Page (Arizona), am Lake Powell. Landschaftlich sehr schön, aber leider überlaufen. Die Menschenmassen wälzen sich vom teuren Parkplatz über einen Berg. Bei der Hitze ist der staubige Sandweg nur mit genug Wasser und Kopfschutz zu empfehlen. Aber der Anblick der Flussschlinge entschädigt für die Strapazen.

Die wahrscheinlich bekanntesten und berühmtesten Motive des westlichen Teils der USA sind die gewaltigen Felsen im Monument Valley. Die isolierten roten Tafel- und Restberge, die von einer leeren, sandigen Wüste umgeben sind, wurden schon unzählige Male fotografiert und waren Hintergrund für Filme (z.B. Western mit John Wayne), Prospekte und Werbungen. Das Monument Valley ist für die Navajo Nation ein heiliger Ort und befindet sich im nördlichen Teil des großen Reservats in der Four Corners Area (übrigens dem einzigen Punkt der USA, wo vier Bundesstaaten – Utah, Colorado, Arizona und New Mexico – aufeinandertreffen). Monument Valley hat sein Erscheinungsbild seit vielen Jahrtausenden nicht verändert. Einige der bekanntesten Formationen sind die „Mittens“, zwei erodierte Erhebungen mit daumenähnlichen Türmen. Andere Monolithen und Türme wurden mit Namen versehen wie ‚Castle Butte’, ‚Sitting Henn, oder Three Sisters’.
Abends sehe ich vom Campingplatz aus den Vollmond aufgehen.

Monument Valley Panorama

Auf dem Weg zum Reef-Nationalpark wechseln die verschiedensten Felsformationen auf etwa 300 km in rasanter Folge. Die Straße führt unter anderem auf eine Felswand zu und ich frage mich, wo da eine Straße hochführen soll. Allein die Vorstellung da jetzt hochzufahren, erzeugt Schwindelgefühle (folgende Bilder oben rechts, Blick von unten und von oben). Aber die Serpentine überwindet die einzelnen Schichten mühelos. Im Natural Bridges National Monument mache ich einen Abstecher zur Sipapu Bridge, einer natürlichen Felsbrücke, die in Millionen Jahren vom Wasser ausgespült wurde, und die in Utah den White Canyon überspannt.

Da ich im Wilden Westen zwischen Flagstaff, Las Vegas, Salt Lake City und Denver kreuz und quer fahren muss, um die Sehenswürdigkeiten zu erreichen, überquere ich nochmals den Colorado River. Einige Rafting Schlauchboote schippern sehr gemächlich unter der glühenden Sonne flussabwärts. Das ganze Gebiet von hunderten m² Kilometern ist eine einzige Sehenswürdigkeit. Man bräuchte sehr lange, um alles zu bewundern. Die Kunst besteht wieder mal im Weglassen.

Auch die Fahrt durch den Capitol Reef National Park zum Camp nach Torrey und von dort zum Bryce Canyon wird zum Erlebnis.

Der Bryce Canyon ist eine „gigantische Kulisse, wie von einer anderen Welt“. Stimmt. Und ein würdiger Rahmen für einen ziemlich runden Geburtstag. Gewöhnlich stößt man bei solchen Gelegenheiten an, aber für einen alleinigen Durchreisenden fällt das in Ermangelung an daran Anstoß nehmenden aus. Um so mehr freut man sich über die lieben Glückwünsche aus der Heimat.
Heimat hier nicht im Sinne von „Dirndl und Lederhose“, sondern als der Ort für einen Weltreisenden, an dem er immer wieder nach Hause zurückkehrt. Auch nicht im zynischen Sinne des sog. Heimatministeriums, das vor Not und Krieg Geflüchtete besser in ihrer Heimat aufgehoben sieht. Zynisch deshalb, weil dieses Ministerium nichts für die Beseitigung der Fluchtursachen tut. Und schon gar nicht im nationalistischen, fremdenfeindlichen Sinne z.B. der AfD, die den Begriff Heimat für ihre politischen Zwecke missbraucht.

Der letzte Nationalpark auf dem Colorado-River-Plateau ist für mich der Arches bei Moab. Hier schließt sich der Routenkreis. Ab 3 Nationalparks lohnt sich der Kauf einer Karte für alle Parks.
Im Arches hat die Natur Bögen (hier das Delicate Arch) und Fenster (hier das Nord- und South-Windows) geformt, wie es kaum ein Architekt oder ein Bildhauer besser kann. In der Natur übernimmt dabei die Erosion z.B. von Sandstein über Millionen von Jahren die Rolle des Künstlers.
Man hat den Eindruck, die USA erodiert. Ein Prozess, der sich mit Trump noch beschleunigt. Aber zum Glück betrifft es ja nur das Colorado-River-Plateau.

Kurz vor Denver mache ich einen Abstecher nach Aspen. Der Wintersportort liegt in den Rocky Mountains und ist ein ganzjähriges Reiseziel für Naturliebhaber. Die Kleinstadt soll wohl die Reichste der Vereinigten Staaten und der Welt sein. Der Durchschnittspreis eines Hauses liegt bei über 1,5 Mio US-Dollar. Hinter Aspen fahre ich über den 12.095 Feed (rd. 3.690 m) hohen Independence Gebirgspass. Im schreienden Gegensatz zur bisherigen Hitze : Hier liegen noch Reste von Schnee. In Denver bestätigt sich der Hinweis, dass man sich auf den Campinglätzen anmelden soll. Sonst hab ich immer noch ein Platz ohne Reservation bekommen, hier nicht, wie überhaupt in den Großstädten. Halt mache ich noch einmal in Russel und Kansas.

St. Louis liegt im US-Bundesstaat Missouri am Mississippi. Dort steht die 192 m hohe „Gateway Arch“ (Torbogen). Das 1968 eingeweihte Meisterwerk der Ingenieurkunst ist eine Verbundkonstruktion aus Beton und Edelstahl. Das höchste von Menschenhand geschaffene Monument in den USA, bzw. der höchste künstliche Bogen der Welt. Und eines der 12 Ikonische Denkmäler und Gedenkstätten der USA Die Form entspricht einer umgekehrten, durch die Schwerkraft hängenden Kette,  wodurch sich das Bauwerk statisch selbst trägt und unter der notwendigen Spannung steht. Die Linie beruht auf einer exakten, seitenlangen mathematischen Formel (Gleichung der Hyperbelfunktion).
Die Arch steht für die Ausdehnung der USA in Richtung Westen (Ausgangspunkt der Lewis-und-Clark-Expedition), nachdem die USA 1804 die französische Kolonie Louisiana kaufte. Mit der visionären Weitsicht des ersten US-Präsidenten Jefferson wurde der Pioniergeist geweckt und der Grundstein für das heutige Gebiet der USA bis zum Pazifik gelegt.

Davon erfährt man Einiges aus dem Museum unter dem Arch. Auch davon, dass infolge der Besiedlung durch die zumeist weißen Amerikaner die indigenen Völker (Indianer) in Reservate gefercht wurden. Und auch von den Mythen um den wilden Westen. Als Jugendlicher hat mich z.B. der gut gemachte Western „Die glorreichen Sieben“ im Kinosessel gefesselt, ohne dass mich damals die Mythen interessiert hätten. Aus diesem Grund wurde wohl damals der Film vom Spielplan genommen, nachdem ich ihn gesehen habe. Oder köstlich amüsiert hat mich die Westernparodie „Cat Ballou“ mit Jane Fonda.
Vor Baltimore mache ich noch mal halt in Mount Vernon, Shelbyville, und Burnsville.

Meine stark gekürzte Route durch die USA (ohne Los Angeles und San Francisco) endet nicht in Halifax, sondern in Baltimore. Von hier aus wird mein Vehikel nach Hamburg verschifft. Entschieden habe ich mich auf dem Weg hierher für die niederländische Firma „Robert World Wide Shipping“ (R. J. van Straten, sales@robertwws.com), der in Baltimore mit der Agentin elena.gazarkh@oceanfreight.com zusammenarbeitet. Das Fahrzeug wird im Hafen (Dundalk Marine Terminal) abgeliefert und mit Hilfe des Escort-Service (Büro: 39° 15′ 24.2″ ; -76° 31′ 57.6″) werden die Formalitäten im Hafen abgewickelt.

Bevor ich das Auto abliefere, und nachdem ich mir in Baltimore den alten, neu gestalteten Hafen Inner Harbor und das Aquarium angeschaut habe, mache ich noch eine letzte, kurze Spritztour mit dem Auto nach Washington. Mit dem Fahrrad fahre ich vorbei am Hauptbahnhof mit der wunderschönen Halle, vorbei an den Schalthebeln der Macht Kapitol (Senat und Repräsentantenhaus) und Weißes Haus (Wohn- und Amtssitz des Präsidenten), am Obelisk Washington Monument, am Lincoln Memorial und am und im Air and Space Raumfahrt-Museum.

Vorbei auch am Denkmal der im 2.Weltkrieg gefallenen US-Soldaten, an der Vietnamkriegs-Gedenkstätte und am Korea-Kriegerdenkmal.
Bei den letzten beiden habe ich mich schon gefragt, was die USA in Korea und Vietnam zu suchen hatten. Nach dem 2.Weltkrieg waren es Stellvertreterkriege im Kalten Krieg, an denen die USA als Weltmacht direkt beteiligt war. Um ihre globalen Interessen durchzusetzen und um den Kommunismus zurückzudrängen. Die Angst vor der roten Revolution und der Rassismus gegen Afroamerikaner wurde in den USA schon nach dem 1. Weltkrieg geschürt. Der Red Summer hat seine Ursachen auch im Red Scare. Hier vermisse ich in der offiziellen USA jede kritische Auseinandersetzung mit Ihrer Geschichte.
Aber Geschichtsverdrängung und -verfälschung ist kein rein amerikanisches Phänomen. In Deutschland, bzw. in der vergrößerten BRD, wird das Zerrbild von den beiden deutschen Diktaturen hochgehalten, wobei Hitlerfaschismus verharmlost und die Geschichte der DDR ausgeblendet wird, bzw. ihre positiven Spuren getilgt werden. Die BRD erkennt bis heute ihre Doppelbiografie in der deutschen Nachkriegsgeschichte nicht an. Ausgeblendet wird auch die Tatsache, dass die deutsche Spaltung nach dem Krieg vor allem von den USA vorangetrieben wurde.

Nachdem mein Fahrzeug im Container verstaut ist, geht es mit dem Bolt-Bus von Boltimore nach New York. Vom Kennedy Flughafen fliegt mein Flieger über Stockholm nach Berlin. Aber vorher habe ich noch ein paar Tage im Hotel und fahre mit dem roten Bus durch New York: Broadway, Wall Streat, Freiheitsstatue, Trafalgar Square bei Nacht usw.

Zum 18.mal jähren sich heute die Ereignisse um das World-Trade-Center (WTC und Nine Eleven). Es wird den 3.000 Toten gedacht, Abends auch mit Laserstrahlen (weiter unten hinter der Brooklin Bridge zu sehen). Mir fällt es bis heute schwer, an die offizielle Version von 9/11 zu glauben (Terror oder Politik einer Weltmacht?). Zu viele Fragen bleiben offen.
Aktuell behaupten die USA, hinter den Angriffen auf saudische Ölanlagen könnten nicht die jemenitischen Huthis stecken, weil diese „nicht die technischen Kapazitäten“ hätten, einen solchen Militärschlag zu verüben. So gesehen, hatte Osama Bin Laden und seine an höchstens am Maschinengewehr ausgebildete Truppe vor 18 Jahren erst recht nicht  die technischen Kapazitäten, eine derart komplizierte Aktion ohne äußere Hilfe durchzuführen.

Die Stadt, die niemals schläft: Nachtleben am Platz der Plätze: Times Square, Broadway und Ecke Wall Street.

Mit dem Mietfahrrad durch den Central Park. An der Ecke Wall Street und am Rockefeller Center.

In der Abenddämmerung vom Top of the Rock (Point of View).

New York bei Nacht von oben. Diesmal nicht vom Empire State Building, oder vom World Trade Center wie vor Jahren (vor 9/11, Hallo Stefan), sondern vom Rockefeller Center. Und am Bryant Park.

Das war die gefahrene Route durch die USA bis Baltimore, bzw. bis New York.
Stand 14.9.2019,
Insgesamt in Amerika gefahrene km: 41.500 (0,79 €/l Diesel),
in 369 Tagen und
142 Etappen (pro Etappe 255 km und 2,4 Tage).
Von den 3 Weltreisen (Asien, Afrika und Amerika) war das die teuerste Reise. Allein die Fährkosten (mit Flug und Hotel) haben diesmal einen Anteil von über einem Drittel an den Gesamtkosten.

Auch Abenteurer Reinhold Messner sieht sich als Heimatsehnsuchtsverräter. Sein „Unterwegssein spiegelt die Zerrissenheit des Romantikers, der von der Sehnsucht nach draußen lebt, wenn er daheim ist, und der sich nach daheim verzehrt, wenn er draußen ist.“
Der Gipfel des Strebens ist gar nicht das Draußen, der Gipfel liegt in dir. Die Quelle der Euphorie liegt im Weg, auf dem man sich auch fühlt wie ein sehr, sehr armer Hund. Wer eine Grenze überschreitet und nicht erschauert, hat keine Grenze überschritten. Messner ist inzwischen 75 und Einzelkämpfer, frei nach Schillers Motto: Der Stärkste ist am mächtigsten allein – allein auch mit allen Risiken, allem nötigen Egoismus.

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Zentralamerika ab 8.6.2019

Vom 26 Stock des Hard Rock Hotels in Panama City hat man einen tollen Ausblick auf die Stadt mit seinen Wolkenkratzern, sowie auf die Altstadt. Viele der Wolkenkratzer gehören Banken, die hier legal Möglichkeiten zur Steuervermeidung für große Firmen, aber auch Geldwäsche anbieten. Bekannt wurden diese Praktiken durch ein Whistleblower, der die sog. Panama-Papers öffentlich machte. Die haben zwar 2016 eine öffentliche Debatte über Steuermoral ausgelöst, aber sonst blieb wie immer alles beim Alten. Die Personen, die in den Papieren genannt werden, lesen sich wie das How is How der Welt. Zu den Steuerspar-Klienten gehören auch mehrere tausend Deutsche. Und Panama City ist nur eine Steueroase von über Hundert. Die weltweit älteste Steueroase liegt mitten in Europa – in der Schweiz. Dabei geht es weltweit um die 30 Billionen Dollar privates Schwarzgeld! Das ist etwa 1/3 der weltweiten Wirtschaftsleistung, bzw. des Bruttoinlandsproduktes (BIP)! Zocker- oder Spielgeld, welches an der Wirtschaft vorbei in private Taschen fließt. Ungleichheit ist eines der drängendsten Probleme der Gegenwart.

Fahrradtour in Panama City mit Sicht auf die beeindruckende Skyline, in die Altstadt, und zum Bio-Museum (der Artenvielfalt) und zur Einfahrt zum Panamakanal. Diesmal mit einem gemieteten Fahrrad, weil meins noch mit dem Auto im Containerhafen Colon steht.
Zur und von der Jahrhundertbrücke hat man einen Blick auf den Panamakanal. Hier bekommt man einen Eindruck von den Erd- und Felsmassen, die beim Kanalbau bewegt werden mussten.

Nachdem ich den Kanal voll hatte, ging es wieder die Pazifikküste entlang. Am Strand von Farallon gibt es einen Golfplatz mit Flugplatz. Ich stehe im anschließenden Fischerdorf mit Campern aus Österreich, Argentinien und Brasilien. Junge Leute, die schon länger hier umsonst stehen und dafür den Platz sauber halten. Hunde bewachen nachts den Platz sicher, wie das hier üblich ist. Dass die Madonna gleich neben den Mülltonnen steht, ist eher unüblich.
Las Lajas stehe ich direkt am Strand, den ich wie so oft hier, fast für mich allein habe.  Es ist Regenzeit und es regnet fast jeden Abend. Aber trotzdem fehlt es an Abkühlung. Nichts ist schlimmer, als nachts in der Schwüle zu schwitzen. Ich schlafe im offenen Auto unterm Moskitonetz, das ich wie in Afrika jeden Abend um die Matraze aufspanne.

In der Hoffnung auf Abkühlung fahre ich von David aus in die Berge nach Bajo Boquete, eine der bekanntesten Tourismusstädte Panamas, die wegen ihres angenehmen Klimas auch von europäischen und US-amerikanischen Auswanderern als Alterssitz gewählt wird. Die Kaffeebohnen Boquetes sollen die Besten des Landes sein.

Auf dem Weg nach Costa Rica mache ich ein Abstecher zu einem kleinen Canyon mit herrlich kaltem Badewasser.
Hinter der Grenze am Rio Tortuga übernachte ich im gleichnamgen Camp mit Pool. Das nächste Camp Swiss Palmgarden in Parrita wird von Inka und Jörg betrieben.  Das Schweizer Ehepaar ist seit etwa 5 Jahre hier und hat das Grundstück urbar gemacht. Ein Camp wie es sich Europäer vorstellen (nicht nur mit WC und Dusche, sondern auch mit Strom am Camper, Küche und kühlem Pool), wie man es hier nicht oft findet. Ich nehme mir Zeit für eine kleine Fahrradtor am Strand entlang.

Hinter La Cruz, kurz vor der Grenze nach Nicaragua stehe ich in der Finka Canas Castilla, die auch von einem Schweizer Paar, Agi und Guido, betrieben wird. Ihre Tochter ist hier geboren, zur Schule gegangen und macht jetzt ihren Master. Sie spricht deutsch und spanisch und einen nicht zu verstehenden schweizer Dialekt. Auf dem naturbelassenen Camp bekomme ich ohne Eintritt das besondere Naturerlebnis mit der Tierwelt. In dem kleinen Stausee vor dem Camp schwimmt ein Ast. Als ich frage, wo man ins Wasser kann, rät man mir ab. Der Ast ist ein Krokodil, was träge im Wasser schwebt. Manch ein Hund hat es schon erwischt. Braune Klammer- und  schwarze Brüllaffen schwingen sich in freier Wildnis in den Baumwipfeln über mein Camper. Das Faultier bekomme ich wegen Faulheit nicht zu Gesicht. Es liegt zusammengerollt auf einem Ast hoch oben. Die Affen gibts sogar zum fürstlichen Frühstück. Nein, nicht was ihr denkt: Die gibts zu sehen. Zumindest bei Menschenaffen gilt es inzwischen als ethisch fragwürdig, sie zu essen. Tierversuche an Menschenaffen sind in vielen Ländern gesetzlich verboten. Sie lachen und trauern, sie lügen und stehlen und lösen komplexe Aufgaben. Das Erbgut von Schimpansen stimmt mit dem des Menschen zu fast 99 Prozent überein. Bonobos z.B. sind dadurch bekannt, dass sie Sex zum Abbau sozialer Spannungen einsetzen und ähnlich wie Menschen gleichgeschlechtliche Kontakte pflegen. Deshalb wird von Wissenschaftlern gedordert, Menschenaffen Grundrechte zu gewähren, die bisher nur für Menschen gelten. Also: Das Recht auf Leben, der Schutz der individuellen Freiheit sowie die Garantie der körperlichen und psychischen Unversehrtheit. Noch zu Zeiten der Sklaverei herrschte die Meinung, Sklaven sind keine Menschen, sondern eine minderwertige Rasse, nur Besitz ihrer Eigentümer. Nach der Abschaffung der Sklaverei (gar nicht so lange her) sei es an der Zeit, den nächsten Schritt zu tun.

Zwischen Nicaragua und El Salvador liegt nur eine kurze Strecke durch Honduras. In Nakome übernachte ich auf dem Hof der Feuerwehr. Dort stehe ich ruhig und sicher und habe Strom und WC. Unterwegs muss ich um brennende Reifen fahren und sehe viele Stellen auf der Straße, an denen Reifen gebrannt haben. Am zehnten Jahrestag des Putsches in Honduras gegen den linken Präsidenten José Manuel Zelaya am 28. Juni 2009 regt sich Widerstand gegen die drohende Privatisierung des Gesundheits- und des Bildungssystems und Gewalt der Militärpolizei. Löhne und Gehälter wurden eingefrohren. 86% der Honduraner misstrauen der rechten Regierung von Juan Orlando Hernández („JOH muss weg“), der 2017 nach einer Wahlmanipulationen im Amt bestätigt wurde. Honduras befindet sich seit dem Putsch in einer latenten Krise.

Auch in El Salvador übernachte ich wegen der kurzen Strecke in dem Kleinstaat nur zweimal, jeweils am Meer bei Sunzal und kurz vor der Grenze auf einer schmalen Landzunge zwischen Meer und Fluss.

In Guatemala liegt Antigua, die alte Hauptstadt der spanischen Kolonien Zentralamerikas, in einer Talsohle eingebettet und wird von den gewaltigen Vulkanen Acatenango, Agua und Fuego Übertrumpft. Einer ist noch aktiv. Das mittelalterliche Flair und das immer frühlingshafte Klima machen die alte Stadt zu einer der Hauptattraktionen von Guatemala und ganz Mittelamerika. Eine Camper Familie auf dem Stellplatz ist mit 5 Kindern unterwegs (www.7aufweltreise.de). Sie sind nach der Wende nach Stuttgart rübergemacht, und haben jetzt Haus und Hof gegen den Camper eingetauscht. D.h. sie sind auf einer sehr langen Route unterwegs.

Lago Atitlan besticht mit einem Rundum-Panorama der Extraklasse, sowie mit einem ganzjährig mild-warmen Klima und mit wunderschöner Natur. Er wird von vielen Menschen als der schönste See der Welt beschrieben. Zumindest ist er unbestritten der schönste in Mittelamerika. Eingekreist von 3 Vulkanen befüllt das Wasser des Sees einen ebenfalls ehemaligen Krater eines Riesenvulkans. Mich zieht eine Grippe mit Durchfall aus dem Gefecht. Lustlos und ohne Appetit harre ich aus, über eine Woche und nehme ungewöhnlich stark ab. Aber Glück im Unglück, hier ist der richtige Wohlfühlort, fast wie im Paradies, um sich auszukurieren.

Gegenüber meiner Planung habe ich bis hier insgesamt etwa 4 Wochen Verzögerung. Das ist etwa die Zeit, die ich z.B. durch Pannen verloren habe. Wenn ich wie geplant weiterfahre, besteht die Gefahr, dass ich am Ende der Reise bis Halifax in den Winter komme. Daher habe ich an der Route Mexiko 1.000 km zusammengestrichen.

Die Stufenpyramiden Monte Albán bei Oaxaca waren das religiöse Zentrum der Majas (Zapoteken, später der Mixteken). Das Reich der Maya war neben das der Azteken und der Inka eine der drei großen amerikanischen Hochkulturen in der Zeit vor der spanischen Eroberung des Kontinents. Es erstreckte sich vom Süden Mexikos bis in den Norden Honduras. Nach neuesten Forschungen waren die Mayas nicht nur eine friedliche Hochkultur, sondern auch eine Kriegerkultur, in denen Dynastien jahrhundertelang um die Vorherrschaft kämpften.

Weiter geht es über die Küstenorte: San Sebastian, bei Acapulco und Las Tijanas. Guadalajara wird auch als die mexikanischste aller mexikanischen Städte bezeichnet, in Bezug auf Tradtion und Kultur. Nicht zuletzt wegen des ralativ hohen Lebensstandards ist es inzwischen die zweitgrösste Stadt in Mexiko. Die Stadt rühmt sich, das beste Klima in ganz Amerika zu haben (das ganze Jahr über ist es klar, mild und trocken, mit angenehmen Temperaturen zwischen 20° und 26°). Gegenüber der Hitze am Ozean ist das Klima hier oben am Lake Chapala nahe der Stadt sehr angenehm. Am Ozean kann man nur bei offenen Türen unter dem Moskitonetz schlafen. Wenn bei über 30° nicht einmal ein Lüftchen geht, liegt man jede Nacht im Schwitzkasten. Die Selbstversorgung ist zusammengebrochen. Es gibt auch keine vernünftigen Supermärkte. Die Stellplätze sind meist nur Parkplätze an Restaurants mit wenig Komfort. Campingplätze wie in Europa sind hier eher unüblich.

Ab Los Mochis übernachte ich wegen der Hitze in Hotels und überlege, in die Berge zu fahren. Eine Bahnreise durch die Kupferschlucht, von Los Mochis an der mexikanischen Pazifikküste in die Hochebene der Sierra Madre nach Chihuahua, zählt zu den außergewöhnlichsten Eisenbahnreisen der Welt. Die Landschaft des Schluchtensystems der Barranca del Cobre ist um einiges grösser und ebenso spektakulär wie der Grand Canyon in den USA, jedoch nicht halb so bekannt. Außerdem mache ich mir keine Hoffnung den geheimnisvolle Schatz der Sierra Madre zu finden. Die entlegene, einsame Bergregion kann nur mit der Bahn erreicht werden und man muss 3 Tage Hotelaufenthalt für eine Hin- und Rückfahrt einplanen. Darauf verzichte ich dann doch, da ja der Grand Canyon noch auf meiner Strecke liegt.

Guaymas ist der vorletzte Standort in Mexiko vor der Grenze in die USA. Die Küstenorte entlang der mexikanischen Küste am Pazifik sind alle sehr schön und jeweils ein Urlaub wert. Allerdings gibt es wenig zu berichten und die Bilder gleichen sich. Im Grenzort Nogales übernachte ich wieder im Hotel, direkt über der Bar. Das stelle ich aber leider erst Nachts fest, als ich eigentlich schlafen wollte.  Im Camper schläft es sich doch am besten.

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Panamericana ab 27.2.2019

Von Barliloche geht es wieder über die Grenze nach Chile. Der Vulkan Lanin sticht mit seinen 3747 m und dem Gletscher aus der Landschaft hervor. Dagegen ist der Villarrica in Chile mit 2840 m eher bescheiden. Am pazifischen Feuerring (Vulkangürtel) entlang sind einige Vulkane noch aktiv.
Auf dem Weg nach Santiago steht man auf einem Stellplatz mit Wasserfall sehr angenehm. Das Rauschen des Wassers übertönt alle lästigen Geräusche. Kurz vor Santiago ist ein Stellplatz am Pool mitten unter Palmen. In Santiago selbst findet man keinen Stellplatz. Also muss ich mit einem Hotel vorlieb nehmen.

Santiago ist eine fahrradfreundliche Stadt. Also erobere ich die Stadt mit meinem Fahrrad. Am Präsidentenpalast (La Moneda) an dem vor einigen Jahren noch die Einschusslöcher des Militärputsches 1973 zu sehen waren, steht ein Denkmal für den sozialistischen Präsidenten Allende. Die USA hat sich damals massiv mit Geheimdienstoperationen in Chile eingemischt, mit dem Ziel, die linke Regierung in Chile zu destabilisieren und die Voraussetzungen für den Militärputsch am 11. September 1973 zu schaffen.
Das gleiche läuft gegenwärtig wieder in Venezuela ab. Wenn es dort noch zu keinem Putsch kam, dann weil das Militär in Venezuela, anders als unter Pinochet in Chile, noch auf der Seite des vom Volk gewählten Präsidenten steht.

Im Zusammenhang mit dem aktuellen Stromausfall in Venezuela streiten Regierung und Opposition über die Ursachen. Dass dieser Ausfall eine Cyberattacke der USA waren, dafür spricht der Zeitpunkt und die Tatsache, dass das Szenario eines anhaltenden Blackouts in Handbüchern für Regime Change beschrieben ist und auch vor dem Putsch gegen Salvador Allende in Chile 1973 Anwendung fand.
Pinochet und seine Militärdiktatur ermordete und folterte tausende Chilenen, vor allem Linke. Die USA haben sich an diesen zahllosen Menschrechtsverletzungen mitschuldig gemacht. Chile fand erst nach fast 30 Jahren zur Demokratie zurück. Das sollte man*frau nicht vergessen, die meinen, Chile sei unter Pinochet marktwirtschaftlich geöffnet und entwickelt worden. An die Zeit eines sozialistischen Präsidenten Allende erinnert nicht mehr viel in diesem Land. Aber die neoliberale Politik seit der Diktatur Pinochets hat ihre Spuren hinterlassen, die zunehmend Unzufriedenheit erzeugt.

Buntes Treiben in der Stadt, wie hier auf dem zentralen Plaza de Armas mit Musik oder Schachspiel. Zum Schach bin ich leider zu spät gekommen. Oder im Park mit Fahrrad über Kopf. Mit der Gondel- oder der Seilbahn kann man hoch hinaus und die Aussicht auf die Stadt genießen, soweit es der Dunst zulässt. Der Berg ist heilig und somit wird auf einem Schild auch eine angemessene Kleidung gefordert. Der Papst war auch schon mal da.
Unter der Überschrift „Wir begrüßen jede der Frauen, die ein besseres Land aufbauen“ setzen sich Studenten an der Universität in Santiago zum Frauentag für Gleichstellungsfragen ein, und für eine volle Beteiligung von Frauen in der Gesellschaft. Sie sehen den  8. März als Gedenktag, um daran zu erinnern, dass bei der Gleichstellung noch viel zu tun ist. Sicherlich noch viel mehr, als in entwickelten Industrienationen. Die Frauen in Berlin haben es da leichter. Seit diesem Jahr ist der 8. März in der Hauptstadt ein Feiertag, lt. Beschluss der Berliner Regierungskoalition aus SPD, Grüne und Linkspartei.

In Vina del Mar erreiche ich wieder das Meer, diesmal den Pazifik. An der Westküste Südamerikas ist auch wieder der Sonnenuntergang zu bewundern.

Zwischen Tongoy und Caldera liegt das La-Silla-Observatorium der ESO (Euopäische Südsternwarte), 2400 m hoch auf dem gleichnamigen Berg, neben dem Observatorium auf dem Cerro Paranal. Die schon in Jahre gekommenen Teleskope sind immer noch hochproduktiv im Entdecken von neuen Sternbildern. Man soll sich zur Besichtigung lange vorher anmelden. Ich habe Glück und kann mich ungeplant einer Gruppe mit 4 Fahrzeugen (dav. 3 Schweizer) anschließen. Von Null auf nix geht es auf eine Höhe von 2.400 m. Dort hat man einen faszinierenden Panoramablick auf die Berge der Atacama Wüste. Bei gutem Wetter bis zu 190 km. 300 Tage wolkenloser Himmel, sowie geringe Luft- und Lichtverschmutzung zeichnet den Standort aus. Im Observatorium arbeiten viele Nationen. Rassistisches Denken und Fremdenhass ist verpönt, wie einer Skizze an der Pinwand zu entnehmen ist.

In TalTal handle ich an der Rezeption der Hostelleria einen günstigen Preis für Toilettennutzung aus. Nebenan ein Standplatz auf dem Parkplatz mit Blick auf das Meer. Eine Unmenge von Möwen und sogar eine Robbe kann ich beim Frühstück vom Auto aus beobachten. Und ich habe Internet, um in Ruhe den Block zu vervollständigen.

Hinter Chanaral im Nationalpark Pan de Azucar liegt ein Camping, Platz inmitten der Natur bietet, direkt am Strand und das außerhalb der Ferienzeit kaum besucht ist.

Zwischen TalTal und Antofagasta liegt das Teleskop Very Large auf 2600m Höhe. Besichtigung ist nur Samstags nach wochenlanger vorheriger Reservierung im Internet möglich, wie ich unten an der Einfahrt erfahre. Daher begnüge ich mich diesmal  nur mit einem Blick von, obwohl Very Large höher  liegt und moderner ist, als das Teleskop auf La Silla.

In Antofagasta hält mich nichts auf. Ich stehe zwar auf einem Stellplatz mit Meerblick, aber der ist zu weit außerhalb der Stadt.

Auf dem Weg durch die Wüste sieht man schon von weitem eine Kette von Vulkanen und seltsame Linien im Wüstensand. Ausläufer der Nazca-Linien? Sicher nicht, aber dazu später. San Pedro, eine Oase in der Atacama-Wüste, erinnert auf den ersten Blick an Ballermann, zumindest was die vielen Touristen betrifft. Auch hier wird bis früh um 6 sinnlos geballert. Aber hier gibt es auch viel zu entdecken. Z.B. das Valle da la Luna (Tal des Mondes). Dort treffe ich auch viele deutsche Touristen: Ein Pärchen mit Fahrrad und 2 Kleinkindern, hinten auf dem Sattel. Sicher sehr anstrengend für alle. Und sehr mutig von den Eltern. Ein Pärchen auf dem Fahrrad, die sehr interessiert nach meinem Weg fragen. Ihre Eltern würden auch gerne noch so eine Reise machen wollen, lassen es aber wegen Bluthochdruck und künstlicher Hüfte lieber sein. Wenns danach ginge …. . Dann ist da noch eine Gruppe  angehender Geologen, die eine Exkursion an diesen für sie fachlich sehr spannenden Ort machen. Nicht zuletzt ist da noch ein Pärchen zu Fuß. Er bittet mich um Wasser, sie seien kurz vor dem verdursten. Ich fülle ihre Flasche und sie fällt ihm in den Arm, weil er Wasser organisiert hat. Na ja …. , aber ich bin ja gern rettenender Engel.

Massen an Touristen strömen auch zu den Geysiren. Wer kann, kann auch den nahe gelegenen Vulkan Licancabur bis auf 6000 m besteigen. Aber da wird die Luft sehr dünn und ab 4000 m sollte man nicht anfällig für die Höhenkrankheit sein. In der trockensten Wüste der Welt ist auch die Atmosphäre sehr trocken. Zudem wurde auf dem Krater die höchste UV-Strahlung auf der Erde gemessen. Astro-Touristen mit Bluthochdruck sollten daher Alma (Large Millimeter/Submillimeter Array) besser nicht besuchen), denn es liegt 5000 Meter über dem Meeresspiegel. Auf einem Hochplateau, unweit von San Pedro, formen sich 66 bewegliche Parabolantennen zu einem riesigen Auge für Radiowellen. Es besteht, wie bei Fliegen, aus vielen einzelnen Augen, die zu einem fast 360 Grad-Blick verhelfen. Astronomen eröffnet es einen tiefen Blick ins Universum: Sie sehen Galaxien aus der Frühzeit des Universums, aber auch Planeten im Embryonalzustand. Das Extremely Large Telescope, das größte (Radio-)Auge der Welt, ist im Bau und in Nordchile keine 500 Kilometer von Alma entfernt.

In der von San Pedro am nächsten liegenden Lagune in der Salzwüste sind zwar keine Flamingos zu sehen, aber man kann im Salzsee baden. Untergehen kann man bei dem hohen Salzgehalt nicht. Bei der sengenden Hitze eine willkommene Abkühlung. Die kommt auch nachts, da die Temperaturen extrem fallen.

In Iquique kommt mein Fahrrad wieder zum Einsatz. Auf dem Camp stehen Silke und Stefan, welche etwa den gleichen Weg haben. Die beiden sind mir sympathisch und es gibt eine Menge zu erzählen. Vielleicht sieht man sich ja mal wieder.

Auf dem Weg von Iquique nach La Paz über Oruro geht es hoch über die Anden. Unterwegs sehe ich abseits von der Straße einen mir bekannten Camper. Und siehe da es sind Silke und Stefan, die ich in der Mittagsruhe störe. Auf einer Höhe von 3.260 m stehen wir mit herrlichem Ausblick auf einem freien Stellplatz in der Natur und genießen bei gekühltem Bier den Sonnenuntergang. In Ihrem gemütlichen Camper  lerne ich das Kartenspiel Skip-Bo. Der richtige Ort um noch größere Höhen langsam anzugehen.

Am nächsten Tag geht es über einen 4.340 m hohen Pass. Anzeichen für eine Höhenkrankheit stellt sich Gott sei Dank nicht ein. Vor der Grenze nach Bolivien führt eine Schotterpiste durch ein gespenstisch leeres Dorf mit Kirche vor schneebedeckten Bergen zu einem Stellplatz mit Therme in Caraguano bei Isluga in 3.915 m Höhe. Silke und Stefan stehen schon da.Am nächsten Tag sehen wir schon in der Frühe, dass eine Herde Lamas herangetrieben werden (oder sind es Guanakos, Alpaka oder Wikunias?). Wie wir erfahren, werden die Tiere nach der Regenzeit gewaschen, um sie vom Ungeziefer zu befreien. Gleichzeitig wird ein Tier ausgesondert und anschließend geschlachtet. Das ganze Dorf trifft sich auf dem Stellplatz zum Grillen. Mit der Ruhe ist es leider vorbei. Zuerst helfen wir die Herde zusammenzuhalten und beobachten aus der Nähe, wie die Tiere in einem kleinen Wasserkanal untergetaucht werden. Aber als es auch noch anfängt zu regnen, ziehen wir es vor zum nahen Grenzort Colohani zu fahren. Ich übernachte am Municipal mit WC.

Anderntags geht es nach Oruro. Silke und Stefan müssen noch bleiben, um einen Automechaniker zu suchen. Die faulen Grenzer hinter der Scheibe lassen mich ins Messer laufen. Ich muss sie darauf aufmerksam machen, dass ich mit Auto einreise. Wenn ich ohne Formular weitergefahren wäre, hätte sich das bei der Ausreise bitter gerächt.

Die Straße zwischen Iquique und Oruro ist zwar neu asphaltiert, aber es gibt noch keine Tankstellen. Im peruanischen Grenzort Pisiga Bolivar fehlt mir wiederum das nötige Cash, da man mit Karte nicht zahlen kann. Touristen zahlen etwa das 3-fache für Diesel, der sehr preiswert ist (aus der €-Sicht). Die LKW-Schlange in umgekehrte Richtung vor der chilenischen Grenze ist km lang.

Oruro ist eine quirlige Großstadt, leider ohne Stellplatz. Ich finde ein Hotel mitten in der Stadt und kann das Markttreiben unmittelbar vor dem Hotel beobachten. Die ganze Innenstadt ist ein Markt, alles spielt sich auf der Straße oder in den Markthallen ab. Größere Supermärkte oder gar Malls gibt es nicht. Auffallend gegenüber Brasilien, Argentinien und Chile ist der Wohlstand auf unterem Niveau, bzw. die mehr verbreitete Armut.
Als ich nach wenigen Tagen auf dem Weg zum größten Salzsee bin, holt mich im dichten Autoverkehr Stefan zu Fuß ein. Ich bleibe noch eine Nacht und erfahre beim Kartenspiel, dass der Salzsee kurz nach Ende der Regenzeit noch mit Wasser bedeckt ist. Am Rand des Salzsees könnte man sich zu dieser Zeit im größten Spiegel der Welt betrachten, aber ich ändere meine Route und fahre weiter auf der Route nach La Paz. Silke und Stefan wollen später noch über den Salzsee fahren. Unsere Wege trennen sich.

La Paz liegt in einem Kessel, dessen Rand auf einer Höhe von etwa 4100 m liegt. Die Stadt ist nicht nur der höchste Regierungssitz, bzw. Verwaltungshauptstadt, sondern auch die Stadt mit dem größten Seilbahnnetz (anstelle z.B. einer U-Bahn). Hauptstadt Boliviens ist Sucre. Für etwa 20 Boliviano (etwa 3,-€) kann man in Gondeln mit 11 Linien über die gesamte Stadt schweben. Dabei hat man eine spektakuläre Sicht auf die Stadt. Im Hintergrund ragen schneebedeckte Berge hervor. Der höchste davon ist der 6.438 hohe Illimani.
Gert (genannt Gustavo), zeigt mir die Stadt. Er ist Deutscher, der mit seinen Eltern nach Bolivien kam und jetzt in der Tourismusbranche arbeitet. Nebenbei arbeitet er für das Camp (Hotel Oberland) als Guide. Aufmerksame Zuhörer können von ihm viel über Land und Leute hören.
Am Hexenmarkt gibt es alles an Zubehör für okkulte Rituale, Opfergaben, Mittel für Potenzsteigerung oder gegen böse Nachbarn. Soger Lama-Föten, die unter einem Hausbau Glück bringen sollen. Überhaupt spielen ethisch-religiöse Haltungen, oder Aberglaube eine große Rolle. In der Schamanen-Straße, mit einem atemberaubenden Blick über La Paz, stehen am Abhang kleine Hütten dicht an dicht, in denen man sich von Schamanen z.B bei gesundheitlichen Problemen „beraten“ lassen kann. Gegenüber steht eine grün-weiße katholische Kirche in  ungewöhnlicher Architektur.

In der historischen Altstadt, in der die Unabhängigkeitsbewegung gegen die spanische Kolonialherren ihren Anfang nahm, erklärt uns eine indigene Frau in Cholitas-Kleidung, der typischen Nationaltracht, dass die Mode in den 20`ern aus Spanien kam. Die Hüte waren ursprünglich für Männer entworfen. Die Röcke sind schwer, weil sie sich in der Hüfte ausweiten. Außerdem ist eine starke Hüfte leider ein Zeichen für Fruchtbarkeit. Während man in Deutschland bei einem Einkommen etwa unter 1.100,-€ von einer „Armutsgefährdung“ spricht, liegt die Armutsgrenze in El Alto (Nachbarstadt von La Paz, der wohl ärmsten Stadt Südamerikas), bei 2 Dollar am Tag! Auch Bolivien leidet noch schwer an kolonialen Folgen. Lässt sich ein Gringo (Jargon: von Europäern abstammende Person) vom Latino die Schuhe putzen, hat das einen unwürdigen Anschein, der an koloniale Zeiten erinnert. Auch ein Grund, warum die meisten vermummt Schuhe putzen. Andererseits hat der Schuhputzer die Möglichkeit, mit dem sehr bescheidenen Lohn (max. 3 Boliviano in den besseren Gegenden), zumindst über die Armutsgrenze zu kommen. In diesem Zusammenhang muss man auch die Kokabauern sehen. Sie für die Droge Kokain verantwortlich zu machen, ist der falsche Ansatz. In Bolivien wird Koka wie Erdbeeren geerntet. Die Blätter sind heilig und sollen gegen Erschöpfung, wie auch gegen die Höhenkrankheit helfen.  Die Weiterverarbeitung der Blätter zu Kokain ist verboten, d.h. die Bauern verdienen in der Drogen-Kette am Wenigsten. Schuld ist die Nachfrage nach Rauschgift insbesondere aus dem Westen. Bei der Bekämpfung des Kokains setzt die linke Regierung nicht auf das Verbot der zuerst nützlichen Pflanze, sondern auf deren Anbaubegrenzung, um den Mindestverdienst der Bauern zu sichern und auf den Eigenverbrauch zu beschränken.
Evo Morales wurde 2006 als erster  Indigener Präsident mit großer Mehrheit gewählt.  Unter dem linken Präsidenten hat sich die Armut in dem arg gebeutelten Land halbiert, die Kindersterblichkeitsrate wurde gesenkt und die Wirtschaft wuchs im vergangenen Jahr um 4,5%. Ein Referendum zu einer Verfassungsänderung, nach der der Präsident für weitere 2 x 5 Jahre gewählt werden kann, brachte keine Zustimmung. Dem hat sich das oberste Wahlgericht widersetzt. Nun kann er 2019 abermals kandidieren. Dabei berief sich der Präsident u.a. auf Merkel, die schon viel länger regiert als er. Offensichtlich will er an der Macht festhalten. Das hat schon in Nicaragua und in Venezuela nicht funktioniert und der lingen Bewegung geschadet.
Das Valle de Luna (Mondtal) unweit des Camps in La Paz erinnert sehr an Capadokien in der Türkei. Wasser und Wind haben aus Sandstein bizarre Formen gebildet.

Hinter La Paz erreicht man das bolivianische Copacabana über eine Fähre aus Pontons. Der kleine Touristenort hat eine riesige Basilika mit einer schwarzen Madonna und liegt am  Titicacasee, der einer der größten Süßwasser Seen in Südamerika. Der See gilt auch als Geburtsort der Inkakultur und ist das höchste (3.800 m) schiffbare Gewässer der Welt. Bolivien hat zwar keinen Meerzugang, bildet aber eine Flotte aus, die am Titicacasee stationiert ist. Die Politik und die Diplomatie Boliviens ist darauf ausgerichtet, einen Zugang zum Meer zu erhalten. Gespräche mit Chile haben bisher zu nichts geführt.

Am Titicacasee geht es über die Grenze nach Peru. In Puno stehe ich im Hof eines Hotels und beobachte Meerschweinchen, die dort massenweise rumlaufen. Erst dachte ich an Ratten. Die Meerschweinchen stammen aus den Anden und sind dort ein kulinarisches Grundnahrungsmittel. In Peru wurde in den 1960er Jahren ein modernes Zuchtprogramm gestartet, mit dem Ziel den Verbrauch des Tieres außerhalb Südamerikas zu steigern.