Die Überschrift suggeriert ein Krimi. Es geht aber um ein Drama, ein Flüchtlingsdrama. Aus aktuellem Anlass war im Fernsehen der britische Film „Der Marsch“ von 1990 zu sehen (unangekündigt, zur Unzeit und auf den hintersten Sendeplatz). Vor 25 Jahren ein Film mit einer Vision: Der lange Marsch Tausender Afrikaner gen Norden, die vor Hungersnot in das reiche Europa flüchten. Sie waren der Meinung, dass sie arm sind, weil Europa reich ist. tatsächlich ist Afrikas Rolle innerhalb der Weltwirtschaftsordnung als reiner Rohstofflieferant festgeschrieben. Es hat damit seit der Kolonialisierung keine Chance, sich aus der Unterentwicklung zu befreien. Der Marsch nach Norden erreicht im Film zwar sein Ziel, aber Europa machte die Schotten mit militärischer Gewalt dicht gegen Flüchtlinge.
Von allen Fluchtursachen wie Krieg, Vertreibung, Verfolgung und Klimawandel thematisiert der Film „nur“ die der Armut. Zusammenhänge zwischen globalen Kapitalismus und Weltwirtschaftsordnung, die den Süden extrem benachteiligen, sowie zwischen Neoliberalismus und Anhäufung des Reichtums einerseits und der Abwicklung der Sozialsysteme andererseits, bleiben unterbelichtet. Allein die letzte, seit 2008 noch anhaltende Weltwirtschaftskrise hat weltweit 50 Mio Arbeitsplätze vernichtet. Was der Film auch nicht vorausgesehen konnte, ist, dass das aktuelle Flüchtlingsdrama vor allem durch Krieg verursacht ist. Frieden wäre die Lösung aber schwer machbar, weil Frieden weit mehr als nur die Abwesenheit von Krieg ist.
Der „Krieg gegen den Terror“, den die USA nach dem 11. September 2001 entfacht haben, stürzte ganze Regionen ins Chaos. Die Folge: die Fluchtbewegungen, die derzeit Europa erreichen. Das Ziel, Terrorismus zu bekämpfen, wurde nicht nur verfehlt, sondern konterkariert. Die Militärintervention brachte den Terrorismus erst in den Irak und dann nach Syrien. Der „Islamische Staat“ ist eine der Fehlgeburten. Der „Krieg gegen den Terror“ hat bereits Millionen Menschen das Leben gekostet. Der Zusammenhang von Kriegsstrategie des Westens und der anschwellenden Massenflucht aus den betroffenen Ländern wird im Westen weitgehend ausgeblendet. Laut UNHCR gab es Ende 2014 38,2 Millionen Binnenvertriebene, 19,5 Millionen Flüchtlinge und 1,8 Millionen Asylsuchende. Weltweit sind etwa 60 Millionenen Menschen auf der Flucht, so viel wie noch nie seit dem 2. Weltkrieg. Dagegen war der Kalte Krieg noch friedlich. Es wird Zeit, dass politisch Verantwortliche darüber, wie auch über die eigentlichen Ursachen der Flüchtlingskatastrophe nachdenken.
Die meisten Flüchtlinge kommen aus Syrien, Afghanistan und dem Irak, alles Länder die vom Westen bombardiert wurden, direkt oder über Waffenlieferungen. Rund die Hälfte der syrischen Bevölkerung ist auf der Flucht, über vier Millionen Menschen mussten ins Ausland flüchten, wo sie schon seit Jahren in sog. Flüchtlingscamps unter katastrophalen Bedingungen „leben“. Etwa 70 % der Flüchtlinge sollen vor dem Assad Regime geflüchtet sein, 30% vor dem IS-Terror. Die Auffanglager für syrische Flüchtlinge in den Nachbarländern Türkei, Jordanien und dem Libanon sind überfüllt, die sanitären Verhältnisse katastrophal. Im 5. Jahr des Stellvertreterkrieges in Syrien haben die Menschen die Hoffnung verloren, dass sie wieder zurück in ihr Land und in ihre Heimat können. Unter den größten Aufnahmeländern von Flüchtlingen befindet sich keines aus Europa. Allein das kleine Land Jordanien hat 630.000 syrische Kriegs-Flüchtlinge aufgenommen. Im Verhältnis zur Einwohnerzahl müsste die Europäische Union danach 100 Millionen Flüchtlinge aufnehmen. Aber Europa streitet sich über Aufteilung oder Abschiebung von ein paar Zehntausend. Die 120.000 Flüchtlinge, die in Europa aufgeteilt werden sollen, entsprechen 0,02% der gesamten europäischen Bevölkerung. Ob das reiche Europa das schafft ist noch fraglich. Auf der einen Seite „Willkommenskultur„ auf der anderen Seite Stacheldraht und Wasserwerfer. Vor allem Pegida und Konsorten sollten die Kirche im Dorf lassen und gelegentlich mal über die Ursachen der Flüchtlingskrise nachdenken. Stattdessen üben sie Schulterschluss mit den Konservativen und Rechten in der Politik, und umgekehrt. Die Gefahr, dass die fremdenfeindliche Stimmung in der Bevölkerung kippt und selbst zur Gefahr wird, ist groß.
Dass Russland jetzt auch noch in den Krieg direkt eingreift macht die Situation nicht besser. Aber es erhöht die Chance auf eine friedliche Lösung, da Russland mit Syrien daran interessiert ist, was man von den anderen seit 4 Jahren am Stellvertreterkrieg Beteiligten nicht sagen kann. Denen ging es von Anfang an nur um die Beseitigung Assad`s um jeden Preis. Dabei schießt die sog. „Freie syrische Armee“ (Vertreter der Opposition, die es nicht mehr gibt), ebenfalls gegen das eigene Volk. Deshalb hat der Westen nicht das moralische Recht, sich über das Eingreifen Russlands zu echauffieren. Im Unterschied zum Westen hat Russland zudem eine völkerrechtliche Legitimation, weil es von Syrien aufgefordert wurde zu helfen. Die Bombenangriffe der USA und Frankreichs sind dagegen nicht von der UNO sanktioniert. Die USA gibt vor, den Islamischen Terroristenstaat (IS) bekämpfen zu wollen, bekämpft aber gleichzeitig Assad. Jetzt stehen sich USA und Russland direkt als Kriegsgegner gegenüber, Russland auf der Seite der syrischen Regierung, die USA auf der Seite der Regierungsgegner. Russland betont, dass eine Beilegung der Syrien-Krise nur durch politische Reformen und einen innersyrischen Dialog aller »gesunden Kräfte« des Landes möglich sei, wozu Assad schon lange bereit ist. Ohne Assad ist eine friedliche Lösung nicht in Sicht. Ein sofortiger Rücktritt Assads würde die Situation nur verschlimmern. Assad trägt zwar eine hohe Schuld, weil er die Proteste im Land während des arabischen Frühlings brutal niedergeschlagen hat. Aber er wird immer noch von einem großen Teil der Bevölkerung unterstützt, sonst wäre er nicht mehr an der Macht. Ihn zu ignorieren oder mit Krieg zu stürzen ist keine Lösung. Diese Politik des Westens und vor allem der USA ist kläglich gescheitert, wie Afghanistan, Irak, Libyen und bisher auch Syrien gezeigt haben. Assad allein verantwortlich zu machen für die Misere in Syrien geht weit an der Wirklichkeit vorbei. Schon lange ist es zu einem Stellvertreterkrieg geworden, in dem die syrische „Opposition“ (wie z.B. die Nusra-Front, den Al-Qaida-Ableger in Syrien) von Monarchien arabischer Ölscheichs, der Türkei und nicht zuletzt vom Westens unterstützt wird. Auf der anderen Seite wird Syrien von Iran und Russland unterstützt.
Nicht zuletzt wird Assad vom sog. islamischen Staat (IS) bekämpft. Ursache für deren Stärke war der von den USA, wieder auf der Grundlage einer Lüge, angezettelte Krieg gegen Irak. Massenvernichtungswaffen wurden dort nie gefunden, aber Saddam Hussein war beseitigt. Operation gelungen, Patient tot. An seine Stelle setzte der Aggressor USA einen schiitischen Statthalter, der seinen Hass gegen die Sunniten Saddam Husseins auslebte, und damit einen Bürgerkrieg provozierte. Der Bürgerkrieg wird uns jetzt als ethnische Auseinandersetzung verkauft, obwohl es im Hintergrund der Strippenzieher doch nur ums schnöde Geld geht, hier um das der Öl- Oligarchen. In das von den USA hinterlassene Chaos und Machtvakuum im Irak stieß der IS, welcher sich neben den Sunniten vor allem aus der Al-Qaida rekrutierte. Die wiederum haben sich schon im afghanischen Chaos organisiert, das die USA hinterlassenen haben.
Auch die eigentlichen Kriegsgründe in Syrien werden in den westlichen Mainstream-Medien ständig unterschlagen. Ohne zu wissen, was im Hintergrund zum Thema Erdgas läuft, kann man den Konflikt nicht verstehen, ist z.B. im „US-Armed Forces Journal“ zu lesen. Dem Rest der Welt dagegen wird nahe gelegt, dass es sich bei dem Konflikt in Syrien um einen Bürgerkrieg handelt, in dem das alawitische (schiitische) Bashar al Assad-Regime sich gegen sunnitische Rebellengruppen verteidigt, wobei beide Seiten auch Gräueltaten begehen. Das stimmt, verschweigt aber die wirkliche Erklärung. Es geht wieder nur ums schnöde Geld, welches hier mit Erdgas verdient werden kann. 2009 hat Katar vorgeschlagen, eine Erdgaspipeline durch Syrien und die Türkei nach Europa zu bauen. Stattdessen hat Assad mit Iran und Irak einen Vertrag unterzeichnet, so dass den von Schiiten dominierten Ländern der Zugang zum europäischen Erdgasmarkt ermöglicht würde, während er Saudi-Arabien und Katar abblitzen ließ. Seitdem steht Assad auf der Abschussliste. Die von den USA unterstützten Golfstaaten wollen Syrien kontrollieren und ihre eigene Pipeline durch die Türkei nach Europa führen. Damit würde man auch Russland empfindlich treffen, welches Europa mit Erdgas versorgt. Entscheidend ist nicht, wessen Erdgas- Oligarchie nun das Rennen macht, die der Saudis, der Amis oder die der Russen. Entscheidend für den Rest der Welt ist, dass Konflikte friedlich gelöst werden und nicht die Hardliner und Scharfmacher ihre Interessen auf dem Rücken der Bevölkerung durch Krieg austragen. Geradezu widerlich wird es, wenn dem Rest der Welt die Sorge des Westens um Syrien über die Mainstream-Medien als humanitäre und demokratische Sorge verkauft wird, während die eigentlichen Fakten verschwiegen werden.
Das Gleiche in Libyen, Afrikas ölreichstem Land. Der IS hat im Machtvakuum, das der Westen mit der libyschen Opposition im Krieg gegen Gaddafi geschaffen hat, Fuß gefasst. Nicht anders, als in Syrien. Der libysche Bürgerkrieg geht weiter und produziert Flüchtlinge, die sich von der 2000 km langen libyschen Küste aus auf den Weg übers Mittelmeer machen.
Die Sanktionen gegen Russland in der Ukraine-Krise waren übrigens auch eine Retourkutsche des Westens für Syrien, vor allem der USA-Regierung. Putin und sein Außenminister Lawrow haben 2013 den US-Neokonservativen ihren direkten Krieg gegen Syrien vereitelt. Zur Vorbereitung des Krieges wurde behauptet, Präsident Baschar al-Assad hätte die Giftgasangriffe befohlen. Damit wollte man Assad die Schuld in die Schuhe schieben und Obama in den Krieg drängen. Russland hat das verhindert, indem es den Vorschlag machte, die chemischen Waffen zu vernichten. Damit wurde auch die USA entwaffnet, ihr Kriegsgrund ging verloren. Wie in der Ukraine Krise drohte und droht auch in Syrien ein 3. Weltkrieg. Die Scharfmacher sitzen aber nicht nur in Russland, wie uns weiß gemacht werden soll, sondern auch im Westen und vor allem in den USA.
Der Hauptakteur USA schaut derweil aus der Ferne zu, wie sich das von ihnen zu verantwortende Flüchtlingsdrama entwickelt. Die USA-Regierung ist auch nicht bereit, Flüchtlinge aufzunehmen. Und ausgerechnet die Osteuropäischen Staaten, welche vorgeben selbst einmal Flüchtlinge vor dem Kommunismus gewesen zu sein, sind heute die größten Ausländerfeinde, die das Menschenrecht auf Asyl verwehren und sich gegen Flüchtlinge abschotten. Einige westeuropäische Staaten, wie auch Deutschland, machten am Anfang den Eindruck, als würden sie die Flüchtlinge willkommen heißen. In Wirklichkeit haben sie sich nur völlig unvorbereitet von einer Flüchtlingswelle überrollen lassen und sind dabei die massenhafte Abschiebung vorzubereiten und ein Bollwerk gegen Flüchtlinge aufzubauen. Konservative sind nicht in der Lage Einwanderung als Chance zu begreifen, die andere Nationen in ihrer Entwicklung weiter gebracht haben.
Kürzlich geisterte ein Bild über ein Flüchtlingslager durchs Internet, welches von Flüchtlingen völlig verwüstet hinterlassen wurde. Bis sich herausstellte, dass es noch ein altes Foto war, welches in Ungarn aufgenommen wurde, nachdem DDR-Flüchtlinge von BRD Außenminister Genscher grünes Licht bekamen, ausreisen zu dürfen. Wie sich die Zeiten ändern und doch gleichen. Damals hat Ungarn kein Zaun gegen Flüchtlinge gebaut, sondern geöffnet. Vom Westen wurde den „politischen Flüchtlingen vor dem Kommunismus“ noch der rote Teppich ausgerollt. Dagegen waren damals etwa 85% der DDR-Flüchtlinge nach heutigem Sprachgebrauch auch nur „Wirtschaftsflüchtlinge“, aus „gesicherten Drittländern“, die nicht mehr als die D-Mark wollten.
Fluchtursachen sind neben Krieg vor allem Hunger, Elend und Rassismus, wie auch Gewalt und Perspektivlosigkeit. Auch Deutschland geht dagegen zu wenig vor. Im Gegenteil, Deutschland trägt als drittgrößter Waffenexporteur der Welt Verantwortung und Schuld an dieser Situation. Der Umgang mit Griechenland ist ein aktuelles Beispiel des egozentrisch auf deutsche Interessen orientierten Vorgehens in Europa und weltweit. Deutsche Interessen sind in erster Linie Interessen der deutschen Wirtschaft. Bis heute ist es Deutschland nicht gelungen, die internationale Verpflichtung zu erfüllen, 0,7 % des Bruttonationaleinkommens für Entwicklungshilfe aufzubringen.
Beiträge mit dem Schlagwort: Irak
Auf der Flucht
Krieg gegen den „Islamischen Staat“
Obama erklärt den IS-Terrormilizen den Krieg. Die USA hat den Luft- Krieg im Irak begonnen und dehnt diesen auf Syrien aus, da der IS (Islamischer Staat) nicht nur im Irak sondern auch aus Syrien heraus agiert. Die USA hat den Krieg 2003 gegen den Irak völkerrechtswidrig begonnen. Unter Obama wurden die Bodentruppen erst kürzlich abgezogen.
Der IS will eine „barbarische Herrschaft aus dem 7. Jahrhundert“ errichten und verfolgt alle, die aus der Sicht der IS der falschen Religion folgen. Dabei schrecken sie auch nicht vor Mord zurück. Der massenhafte Mord an Andersgläubige muss verhindert werden. Darin ist sich die friedliebende Welt einig. So weit so gut. Aber besteht die Einzige Alternative wieder mal nur darin Krieg zu führen ohne an die Ursachen der Misere zu erinnern?
So notwendig die „Verteidigung der Zivilisation gegen die Barbarei“ ist, so angemessen wäre es, zu fragen, was der religiöse Irrsinn mit den globalen ökonomischen Verhältnissen zu tun hat. Der gegenwärtige, religiöse Irrsinn ist mit der westlichen Zivilisation ebenso verflochten, wie es der Faschismus war, der trotz Aufklärung des Abendlandes in die bürokratisch verwaltete Vernichtungsindustrie von Auschwitz führte.
Bilder von Trümmern der durch Tomahawk-Raketen zerstörten Gebäude vor Aleppo zeigen jedenfalls keine toten Terroristen. In dem aus der Luft geführten Krieg werden nach 3 Jahren Stellvertreterkrieg auch weiterhin Zivilisten getötet, als „Kollateralschaden“ sozusagen. Weiterhin werden gezielt syrische Industrieanlagen zerstört, um die Geldquellen der Dschihadisten abzuschneiden. US-Geheimdienstquellen sprechen von 2 bis 3 Millionen Dollar pro Tag an Erlösen aus dem Ölverkauf ins Ausland.
Diese nicht verifizierbaren Quellen verraten natürlich nicht, über welche Grenzen in welches Ausland. Also spielen die Nato Partner, wie Türkei und USA, ein falsches Spiel, denn sonst wäre es einfach die Geldquellen auch ohne Bomben mittels Embargo abzuschneiden. Stattdessen zerstören sie die verbliebene Infrastruktur eines ohnehin durch Stellvertreterkrieg auch mit Beteiligung des Westens fast völlig zerstörten Landes. Wenn alles zerstört ist werden sie abziehen und nur ein Trümmerfeld hinterlassen. Den Menschen in Syrien könnte es dann egal sein, durch wen ihr Land zerstört wurde. In ihrem Leid und ihrer Trauer werden sie nicht fragen, ob ihre Familienmitglieder durch bestialische Dschihadisten oder westliche Bomben getötet wurden.
Vor der UNO stellt die USA überraschend die Khorosan-Gruppe, ein Ableger der Al-Nusra-Front in Syrien, die zu Al Qaida gehört, als die derzeit größte Bedrohung Amerikas dar, wie einst Al Qaida. Mit dem plötzlichen Auftauchen einer bisher völlig unbekannten Terrorgruppe konstruiert die USA das Selbstverteidigungsrecht nach Artikel 51 der UN-Charta als völkerrechtliche Grundlage für die Luftangriffe. Angeblich versucht Khorosan im Unterschied zum IS seinen Herrschaftsbereich nicht „nur“ territorial auszuweiten. Artikel 51 setzt aber einen direkten Angriff voraus. Da es den nicht gab, bleiben die Luftangriffe völkerrechtswidrig. Um nicht zu vergessen: der Kampf gegen Al Qaida wurde mit nine eleven (9.11.2001) zu den Hauptzielen der USA erklärt.
Für den Friedensnobelpreisträger Obama bleibt das Ziel in Syrien militärisch einzugreifen eine offene Rechnung. Als Assad nach russischer Vermittlung anbot, die Chemiewaffen abzurüsten, war dem Westen wohl die Begründung zur direkten Invasion abhandengekommen. So wie nie zweifelsfrei aufgeklärt wurde, wer Giftgas in Syrien angewendet hat, wurde auch bis heute nicht aufgeklärt, wer das zivile Flugzeug über der Ukraine abgeschossen hat. Trotzdem war für den Westen die Schuldfrage keine Frage, sondern Teil der psychologischen Kriegsführung. Dabei übernimmt diesmal der Westen selbst die Rolle des Verschwörungstheoretikers. Das von Assad kontrollierte Syrien ist in erster Linie Feind, gegen den IS zugleich aber auch „Verbündeter“. Da Assads Staat nach westlicher Logik aber keinerlei Anspruch auf Legitimität eingeräumt werden darf, kooperiert die USA nicht mit Syrien, zumindest nicht offiziell. Die Zurückhaltung der USA gegenüber einem direkten Angriff gegen Assad ergibt sich aus der Befürchtung, dass nach dem Sturz Assads in Syrien die Herrschaft eines radikal sunnitischen Islam folgt, wie dem IS.
Die USA sind zynisch und unglaubwürdig, solange sie Verbündete des IS zu ihren Verbündeten zählen. Über Ankara wurde der IS mit Waffen beliefert, bezahlt wurden sie von Katar, Saudi-Arabien und die Vereinigten Emirate. Das Feindbild der sunnitischen Monarchien richtet sich gegen schiitische bzw. säkulare Regierungsformen, wie die von Assad, oder wie in den syrischen Gebieten der kurdische Selbstverwaltung. Das ließ sie zu IS-Sponsoren werden. Wenn sich diese Monarchien am Luftkrieg der USA beteiligen und sich auch noch als Speerspitze gegen das „Kalifat“ darstellen, so ist das mehr als unglaubwürdig.
Die Türkei ist Teil des Problems. Der Iran lehnt eine kurdische Eigenstaatlichkeit ebenso ab, wie ein Angriff gegen Assad.
Deutschland will rechte Kurden-Milizen mit Waffen versorgen, hält sich aber ansonsten außenpolitisch aus dem Konflikt um Kobane heraus. Dass der IS die Menschenrechte mit Füßen tritt, ist für Deutschland kein Grund sich einzumischen. Deutsche Islamisten wurden von deutschen und türkischen Behörden nicht daran gehindert, nach Syrien zu gelangen, um sich dort dem IS anzuschließen. Die deutschen Behörden führen nach eigenen Angaben etwa 6.000 aktive militante Glaubenskämpfer in ihren Unterlagen. Solange die IS-Milizen „nur“ gegen Assad gekämpft haben, wurden sie vom Westen unterstützt. Erst als die als Islamisten verkleideten IS-Milizen außer Kontrolle gerieten, wurden sie im Westen als Gefahr erkannt und sollen in Deutschland verboten werden.
Im Zusammenhang mit dem IS kommt man nicht umhin daran zu erinnern, dass das Problem erst entstand, nachdem der Westen alle gegen Assad gerichteten Parteien direkt unterstützt hat. In Syrien wurde ein Stellvertreterkrieg geführt, in dem alle unterstützt und ausgerüstet wurden, die gegen den Staat Syrien Krieg führten. Dazu zählten auch Islamisten aller Schattierungen und aus vielen Ländern, die bereits Kampferfahrungen in Afghanistan und Irak gesammelt haben und gegen die die USA völkerrechtswidrig Krieg geführt hat. Nur zur Erinnerung: Auch Osama Bin Laden war einst „Verbündeter“ der USA im Afghanistan-Krieg. Der IS hat Syrien nicht nur als sicheren Rückzugsraum genutzt, wie es die USA jetzt versuchen darzustellen, sondern die Milizen des IS sind in Syrien erst durch die Unterstützung des Westens groß geworden.
Man bekommt den Eindruck, dass die USA überhaupt nicht überblicken, was sie mit „ihren“ Kriegen bewirken. Kann man ihnen zubilligen, dass sie jede Büchse der Pandora öffnen, nur weil sie die Technik des Öffnens beherrschen? Sie zerstören zur Durchsetzung der Interessen ihrer Eliten vorhandene Strukturen in anderen Ländern und beherrschen in keinster Weise die Folgen ihres Tuns. Das ist nicht nur verantwortungslos, sondern im höchsten Maße auch gefährlich. Entsprechend ihrer nach dem 11.September 2001 angepassten Außenpolitik (weil sich der Gegner aus dem Kalten Krieg aufgelöst hat, oder besiegt wurde) stürzt sie mit ihren westlichen Verbündeten nicht nur Irak, sondern auch Afghanistan und Libyen ins Chaos. Frei nach dem Motto: Teile und herrsche. Dabei werden unbequeme „Schurken“ ausgeschaltet, Märkte neu verteilt und geostrategische Punkte besetzt. Die Rüstungsindustrie verdient daran.
Oder ist die Politik der USA doch eher kalte, über Leichen gehende Taktik? Einerseits beanspruchen sie nach dem Ende des Kalten Krieges die alleinige Weltmacht und gebaren sich auch als solche. Andererseits steht die USA neben den aufkommenden neuen Weltmächten China und Russland unter enormen Druck, die dem amerikanischen Unilateralismus im Wege stehen. Unilaterismus heißt uneingeschränkte, alleinige Weltmacht. D.h. die USA halten eine Legitimierung ihres Handelns durch den Sicherheitsrat mehr nicht für nötig. Da dieser kein Mandat für eine militärische Intervention zur Bekämpfung des Terrorismus gegeben hat, und Syrien im Gegensatz zu Irak um keine militärische Unterstützung gebeten hat, ist auch dieser Krieg (Luftangriff) völkerrechtswidrig. Genauso verfährt die USA auch in Pakistan, das sich gegen ungebetenen „Beistand“ durch Drohnenangriffe nicht wehren kann.
Putin gehört wohl jetzt zu den „Schurken“, wie einst Libyens Gaddafi und Iraks Hussein, oder wie immer noch Syriens Assad. Gestern Verbündete, heute Feinde. Hier der „einzig friedliebende“ Westen, dort „Terroristen“. Der Unterscheid zu den anderen „Schurken“ ist nur, dass ein Krieg gegen Russland ein 3. Weltkrieg bedeuten würde, den der Westens bei seinem eigenen Untergang nicht riskieren kann. Ungeachtet dessen bringt sich die Nato weiter in Richtung Osten in Stellung. Wenn sie offen sagen würden, sie brauchen Krieg zur Durchsetzung ihrer Interessen, wäre das nicht minder bitter aber verständlich. Stattdessen lügen sie, dass sich die Balken biegen. Sie brauchen für ihre Politik die Zustimmung des Volkes, oder besser des Wählers. Bei der Vorbereitung und Begründung ihrer Kriege folgen die USA immer dem gleichen Muster.
Interessant in diesem Zusammenhang, dass 7 ehemalige US-Geheimdienstmitarbeiter in einem offenen Brief an Merkel auf mögliche Fehlinformationen der Amerikaner über den Ukraine-Konflikt warnen. „Die Vorwürfe einer großen russischen Invasion in der Ukraine scheinen nicht von vertrauenswürdigen Geheimdienstinformationen gestützt zu werden“. Sie vergleichen die Vorwürfe des Westens gegen Russland mit der Argumentation der USA vor dem Irak-Krieg 2003. Alle „Argumente“ waren erfunden und konstruiert, wie sich hinterher herausstellte.
Dass fast alle westlichen Medien (Mainstream) im Krieg gleichgeschaltet werden und nur der psychologischen Kriegsführung dienen, zeigt auch „Die Anstalt“ aus ihrer satirischen Sicht (ZDF 23.09.14 http://www.youtube.com/watch?v=LSDitudiGR4&feature=youtu.be ). Leider wird im Mainstream das sehr ernste Thema (Ausschalten wichtiger Fakten wie z.B. im Ukraine Konflikt) ausschließlich nur aus der satirischen Sicht behandelt. Wie im privaten Leben gibt es auch in der Politik immer zwei Darstellungen ein und desselben Konfliktes. In der Ehe heißt das Rosenkrieg. Wenn aber in der Politik wesentliche Fakten einfach ausgeblendet werden, ist das psychologische Kriegsführung in einer gleichgeschalteten Gesellschaft. In der DDR konnte man noch zwischen „Ost- und Westsender“ wählen. Heute gibt es (Fortschritt sei Dank) das Internet. Die Masse aber „hängt am Tropf“ (im Sinne von Herrschaftswissen, das der Masse vorenthalten wird, oder das sich dieser nicht erschließt, weil sie unwissend nur dem folgt, der wider besseren Wissen halbe „Wahrheiten“ verbreitet).
Die öffentlich rechtlichen Fernsehsender wehren sich gegen Vorwürfe nicht nur aus den eigenen Reihen, dass sie einseitig und parteilich von Krisen berichten, wie im Ukrainekrieg. Wenn sie ihre „ neutrale Berichterstattung“ rechtfertigen, zeigt das nur, dass sie nervös werden und verwundert sind, dass es auch eine andere öffentliche Meinung gibt. Nichts fürchten sie mehr als Ausschaltquoten. Das lässt hoffen.
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