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Wachsende Armut in Deutschland

Kürzlich titelte allen Ernstes eine rechte Mainstream- Zeitung im Dienste des Establishments, dass „von wachsender Armut in Deutschland keine Rede sein kann“. Diese Behauptung wurde aus der leicht sinkenden Zahl der Hartz IV-Bezieher seit Einführung des Arbeitslosengeldes (ALG-II) vor 12 Jahren abgeleitet. Lt. Statistik sind 16,2 Millionen Menschen von Armut oder sozialer Ausgrenzung betroffen. Fast 6 Millionen (dav. 1,6 Mio Nicht-Erwerbsfähige, vor allem Kinder) sind von Hartz IV abhängig, weil sie nicht genug Geld haben, um ihren Lebensunterhalt, sowie eine warme Wohnung zu bezahlen. In diesem Zusammenhang steht auch die Tatsache, dass 6,8 Millionen Menschen in Deutschland ihre Schulden nicht abzahlen können (lt. Kreditreform 6,1% der Bevölkerung). Ursache für Überschuldung sind vor allem niedrige Einkommen, Arbeitslosigkeit, sowie Unfälle und Krankheit. Als arm gilt, wer über weniger als 980 € monatlich verfügt (Singles mit weniger als 60 % des mittleren Einkommens). Der Hartz IV- Regelsatz (Existenzminimum) betrug  2015 399,- €, zuzüglich 364,- € für eine warme Wohnung und liegt demnach unter der Armutsgrenze. Das Armutsrisiko ist nicht nur in den ostdeutschen Bundesländern hoch, sondern auch in westdeutschen. Dass die Armutsgefährdung in Deutschland geringer als in den übrigen EU-Ländern ist, ist für die Betroffenen auch nur ein schwacher Trost, zumal Deutschland über eines der höchsten Bruttoinlandsprodukte verfügt. Der Armuts- und Reichtums-Bericht 2016 stellt fest, dass der Einfluss auf politische Entscheidungen mit dem Vermögen steigt. Die Regierung streicht diese Aussage aus dem Bericht.
Die staatliche Grundsicherung für Arbeitslose (Hartz IV) wird nach Sozialgesetzbuch (SGB II) geregelt. Die Zahl der „Hartz-IV“-Empfänger, denen Geldzahlungen wegen „Pflichtverletzungen“ gekürzt werden (z.B. wegen: ungeeigneten, oder unterbezahlten Job nicht angenommen, oder einen Termin unentschuldigt versäumt), oder denen sämtliche Leistungen gestrichen wurden, geht in die Hunderttausende. Die Sanktionen der Jobcenter gehen soweit, dass auch Schwangere bestraft werden sollen, wenn sie z.B. den Namen des Erzeugers nicht nennen wollen. Die Strafen sind willkürlich, weil die Jobcenter wegen der andauernden Arbeitslosigkeit so gut wie keine Jobs vermitteln können. Und wenn dann höchstens atypische. Die Sanktionen sind auch politisch gewollt, um Leistungsbezieher in Arbeitsverhältnisse zu zwingen, die unterqualifiziert und/oder unterbezahlt sind.  Die Jobcenter verfügen über spezielle Ermittler, die bei Betrugsverdacht weitgehend die gleichen Rechte wie die Staatsanwaltschaft bei der Verfolgung von Straftaten haben. In deren Ermessen liegt es andere Behörden einzubeziehen, wie das Grundbuch-, Gewerbe- und Einwohnermelde-Amt, das Amtsgericht, das Handelsregister, und nicht zuletzt auch Banken. Um nicht missverstanden zu werden: Es ist legitim gegen Sozialbetrug vorzugehen. Das berechtigt aber nicht dazu pauschal alle Antragsteller oder Leistungsbezieher unter Generalverdacht zu stellen, Betrüger oder Sozialschmarotzer zu sein, die nur versuchen, sich Leistungen zu erschleichen oder Vermögen zu unterschlagen. Um weitere Missverständnisse auszuschließen: Die Grundsicherung ist nur relativ sozial, weil sie nicht bedingungslos Existenzen sichert und Menschen in Armut belässt und erniedrigt.
Der Spielfilm „Ich, Daniel Blake“ von Ken Loach (ausgezeichnet mit der »Goldenen Palme«) zeigt den Irrsinn eines Systems, das den Menschen zum Kostenfaktor degradiert. Er zeigt aus der Sicht eines Betroffenen, wie die Sozialstaatsbürokratie Sozialhilfe verweigert. Er zeigt auch die Erbarmungslosigkeit, mit der die herrschende Politik hilfsbedürftige Menschen psychisch erniedrigt und materiell zerstört. Als schonungsloser Dokumentarfilm wäre das Thema wohl nie ins Kino gelangt und vom öffentlich-rechtlichen Fernsehen als propagandistisch abgelehnt worden. Über die subversive Kraft der Phantasie sagt das Sozialdrama jedoch so viel mehr über Würde, Mitgefühl und Kapitalismus aus, als das es zehn Regalmeter akademischer Abhandlungen jemals könnten. Der Film ist eine bittere Anklage nicht nur gegen den britischen sondern auch gegen den deutschen Sozialstaat. Auch wenn er sich denen zuwendet, die nichts zu verlieren haben als ihre Ketten, sollten auch die den Film gesehen haben, die dem Sozialstaat noch nie ausgeliefert waren, um die institutionalisierte Barbarei des kapitalistischen Sozialhilfesystems zu verstehen.
Selbst Arbeit schützt vor Armut nicht. 1,3 Millionen Beschäftigte erhalten Hartz-IV-Leistungen, weil sie von ihrem Arbeitslohn allein nicht leben können. Atypische, prekäre Beschäftigungsformen, wie Niedriglöhne, unfreiwillige Teilzeit- oder Leiharbeit, sowie Soloselbstständigkeit, machen es immer mehr Beschäftigten unmöglich, von ihrem Arbeitseinkommen ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Eigentlich müsste ein Vollzeitjob nicht nur das Einkommen, sondern auch das Auskommen sichern. Denn ein steigender Anteil von Menschen, die dauerhaft nicht von ihrer Arbeit leben können, untergräbt die Legitimität einer Wirtschafts-und Gesellschaftsordnung. Auch ein Mindestlohn von 8,50 € brutto pro Stunde ist viel zu niedrig, um Armut zu verhindern. Erst ein Mindestlohn ab etwa 12,- € könnte vor einer Armutsfalle schützen. Viele Unternehmen stellen immer mehr Teilzeitbeschäftigte ein, um Lohnkosten zu reduzieren. Mehr als ein Drittel der europäischen Erwerbstätigen arbeiten inzwischen in atypischen Beschäftigungsformen, also in Verhältnissen, die sich durch Unsicherheit, Unterbrechungen sowie durch ein erhöhtes Risiko der Erwerbslosigkeit auszeichnen. Dabei stellt die hohe Zahl Abgehängter, insbesondere Jugendlicher, die unter der wachsenden Perspektivlosigkeit leiden, eine Gefahr für den gesellschaftlichen Zusammenhalt dar und spielt den erstarkenden populistischen Bewegungen in die Hände. Immer mehr, vor allem Jugendliche, die komplett außerhalb von Job und Ausbildung leben, ziehen sich enttäuscht und frustriert aus der Gesellschaft zurück.
Auch die gesetzliche Rente schützt weder vor Armut, noch sichert sie den Lebensstandard. Armut verkürzt die Lebenserwartung um etwa 10 Jahre. Die Zahl der Menschen, die über 65 Jahre alt sind und Grundsicherung im Alter (nach SGB XII) beziehen, hat sich seit 2003 auf 536.000 erhöht und damit mehr als verdoppelt. Insbesondere wegen der geringen, nach unten nicht gedeckelten Renten. Diese an die Hartz-IV-Regelsätze gekoppelte Leistung ist nicht bedarfsgerecht und damit auch nicht armutsfest. Anders als ALG II-Bezieher haben die Empfänger der Alterssicherung auch keine Aussicht auf Verbesserung ihres Einkommens, und alle ihre Ersparnisse werden auf die Grundsicherung angerechnet. In Österreich dagegen erhält jeder Beitragszahler nach 30 Versicherungsjahren eine Alterssicherung von mindestens 1.260,-€.
Um eine weitere Absenkung des deutschen Rentenniveaus zu verhindern, wären staatliche Mehrausgaben in Milliardenhöhe erforderlich. In Zeiten des demografischen Wandels, in der die Republik schrumpft und altert, sei die steigende „Versorgungslast“ unbezahlbar, behaupten die Arbeitgeberverbände. Immer weniger beitragszahlende Beschäftigte müssen künftig immer mehr Rentner versorgen. Die Zahl der Erwerbsfähigen ist seit 1950 stark fallend. Dazu trägt auch die anhaltende Arbeitslosigkeit bei. Die Renten stiegen trotzdem, dank steigender Arbeitsproduktivität. Diese sichert eine höhere Rendite (Profit), hat aber auch den Nachteil, dass sie unter kapitalistischen Verhältnissen statistisch nur wächst, wenn in deren Folge Arbeitskräfte entlassen werden. Da sich die Rentenkassen über Beiträge auf die Arbeitseinkommen finanzieren, müssten die Reallöhne im gleichen Maße steigen. Damit ist die Rentenfrage auch eine Verteilungsfrage zwischen abhängig Beschäftigten und Arbeitgebern.
Obwohl das Sozialstaatsgebot des Grundgesetzes zur Armutsbekämpfung verpflichtet, hat keine Bundesregierung die Armut bisher als Gefahr für den gesellschaftlichen Zusammenhalt erkannt und ihr konsequent entgegengewirkt, meint der ausgewiesene Experte für soziale Probleme und Bundespräsidentschaftskandidat der Linkspartei Christoph Butterwegge. So wie Armut sind auch Reichtum und Vermögen soziale Fremdwörter für die Etablierten. Statt auf Umverteilung des gesellschaftlichen Reichtums von oben nach unten, setzt das Establishment lediglich auf das „freiwillige Engagement Vermögender“. Die Regierungsparteien tun zu wenig gegen wachsende Armut, aber alles um den Reichtum der Superreichen zu fördern. Rechtspopulisten können sich daher als Sprachrohr der sozial Benachteiligten, Abgehängten und Ausgegrenzten profilieren, obwohl sie selbst auch nur die Interessen der wirtschaftlich und politisch Etablierten vertreten. Die Kluft zwischen Arm und Reich müsste durch mehr soziale Gerechtigkeit und Solidarität verringert, und die Stigmatisierung aller Abgehängten als „Drückeberger, Faulenzer und Sozialschmarotzer“ beendet werden. Das kann erreicht werden durch die Wiedererhebung der Vermögensteuer, einer höheren Körperschaftsteuer, einer gerechteren Erbschaftsteuer, ein progressiverer Einkommensteuertarif mit einem höheren Spitzensteuersatz und eine auf dem persönlichen Steuersatz basierende Kapitalertragsteuer. So wäre ein Kurswechsel in der Sozialpolitik zwar teuer, aber bezahlbar. Aber solange die rechte Regierung, nicht nur in Deutschland, die heilige Kuh (Besteuerung des Reichtums der Superreichen) nicht schlachten will, wird sich auch nichts ändern an der Armut in einem der reichsten Länder der Welt. Das Vermögen der Superreichen (Oligarchen) ist der eigentliche Skandal.  1 % der Weltbevölkerung besitzt mehr Vermögen, als der Rest der Welt zusammen! Aber die Zweiklassengesellschaft wird vom Mainstream nicht thematisiert. Wie lange lassen sich die 99 % diese asozialen Eigentumsverhältnisse noch gefallen? Sie sind die Ursache z.B. dafür, dass Millionen auf der Flucht vor Krieg und Elend sind. Wer seine Wut gegen die Flüchtlinge richtet, verwechselt Ursache und Wirkung und ist Populisten auf dem Leim gegangen.
Statistische Zahlen sagen nichts darüber aus, wie viele nicht in der Statistik erscheinen, weil sie es vorziehen auf die „Sozialleistung“ zu verzichten, um sich nicht erniedrigen und demütigen zu lassen. Die Statistik sagt auch nichts darüber, wie viele Anträge auf Grundsicherung von sog. Jobcentern, Sozialämtern und Sozialgerichten trotz Widerspruch abgelehnt werden. Auch diese Zahlen gehen sicher in die Hunderttausende. Daher soll hier im nächsten Blog-Beitrag („Armes Deutschland und die dritte Gewalt“) von einem Gerichtsurteil eines Antragstellers auf Grundsicherung für Arbeitslose und im Alter berichtet werden.

Weitere Beiträge zu diesem Thema:
Wohnungsnot und Schweinezyklus 11/15
Zweiklassengesellschaft 2/15
Armes oder reiches Deutschland? 3/11

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Krieg gegen den „Islamischen Staat“

Obama erklärt den IS-Terrormilizen den Krieg. Die USA hat den Luft- Krieg im Irak begonnen und dehnt diesen auf Syrien aus, da der IS (Islamischer Staat) nicht nur im Irak sondern auch aus Syrien heraus agiert. Die USA hat den Krieg 2003 gegen den Irak völkerrechtswidrig begonnen. Unter Obama wurden die Bodentruppen erst kürzlich abgezogen.

Der IS will eine „barbarische Herrschaft aus dem 7. Jahrhundert“ errichten und verfolgt alle, die aus der Sicht der IS der falschen Religion folgen. Dabei schrecken sie auch nicht vor Mord zurück. Der massenhafte Mord an Andersgläubige muss verhindert werden. Darin ist sich die friedliebende Welt einig. So weit so gut. Aber besteht die Einzige Alternative wieder mal nur darin Krieg zu führen ohne an die Ursachen der Misere zu erinnern?
So notwendig die „Verteidigung der Zivilisation gegen die Barbarei“ ist, so angemessen wäre es, zu fragen, was der religiöse Irrsinn mit den globalen ökonomischen Verhältnissen zu tun hat. Der gegenwärtige, religiöse Irrsinn ist mit der westlichen Zivilisation ebenso verflochten, wie es der Faschismus war, der trotz Aufklärung des Abendlandes in die bürokratisch verwaltete Vernichtungsindustrie von Auschwitz führte.

Bilder von Trümmern der durch Tomahawk-Raketen zerstörten Gebäude vor Aleppo zeigen jedenfalls keine toten Terroristen. Kinder auf Ruinen im Luft- Krieg gegen ISIn dem aus der Luft geführten Krieg werden nach 3 Jahren Stellvertreterkrieg auch weiterhin Zivilisten getötet, als „Kollateralschaden“ sozusagen. Weiterhin werden gezielt syrische Industrieanlagen zerstört, um die Geldquellen der Dschihadisten abzuschneiden. US-Geheimdienstquellen sprechen von 2 bis 3 Millionen Dollar pro Tag an Erlösen aus dem Ölverkauf ins Ausland.
Diese nicht verifizierbaren Quellen verraten natürlich nicht, über welche Grenzen in welches Ausland. Also spielen die Nato Partner, wie Türkei und USA, ein falsches Spiel, denn sonst wäre es einfach die Geldquellen auch ohne Bomben mittels Embargo abzuschneiden. Stattdessen zerstören sie die verbliebene Infrastruktur eines ohnehin durch Stellvertreterkrieg auch mit Beteiligung des Westens fast völlig zerstörten Landes. Wenn alles zerstört ist werden sie abziehen und nur ein Trümmerfeld hinterlassen. Den Menschen in Syrien könnte es dann egal sein, durch wen ihr Land zerstört wurde. In ihrem Leid und ihrer Trauer werden sie nicht fragen, ob ihre Familienmitglieder durch bestialische Dschihadisten oder westliche Bomben getötet wurden.
Vor der UNO stellt die USA überraschend die Khorosan-Gruppe, ein Ableger der Al-Nusra-Front in Syrien, die zu Al Qaida gehört, als die derzeit größte Bedrohung Amerikas dar, wie einst Al Qaida. Mit dem plötzlichen Auftauchen einer bisher völlig unbekannten Terrorgruppe konstruiert die USA das Selbstverteidigungsrecht nach Artikel 51 der UN-Charta als völkerrechtliche Grundlage für die Luftangriffe. Angeblich versucht Khorosan im Unterschied zum IS seinen Herrschaftsbereich nicht „nur“ territorial auszuweiten. Artikel 51 setzt aber einen direkten Angriff voraus. Da es den nicht gab, bleiben die Luftangriffe völkerrechtswidrig. Um nicht zu vergessen: der Kampf gegen Al Qaida wurde mit nine eleven (9.11.2001) zu den Hauptzielen der USA erklärt.
Für den Friedensnobelpreisträger Obama bleibt das Ziel in Syrien militärisch einzugreifen eine offene Rechnung. Als Assad nach russischer Vermittlung anbot, die Chemiewaffen abzurüsten, war dem Westen wohl die Begründung zur direkten Invasion abhandengekommen. So wie nie zweifelsfrei aufgeklärt wurde, wer Giftgas in Syrien angewendet hat, wurde auch bis heute nicht aufgeklärt, wer das zivile Flugzeug über der Ukraine abgeschossen hat. Trotzdem war für den Westen die Schuldfrage keine Frage, sondern Teil der psychologischen Kriegsführung. Dabei übernimmt diesmal der Westen selbst die Rolle des Verschwörungstheoretikers. Das von Assad kontrollierte Syrien ist in erster Linie Feind, gegen den IS zugleich aber auch „Verbündeter“. Da Assads Staat nach westlicher Logik aber keinerlei Anspruch auf Legitimität eingeräumt werden darf, kooperiert die USA nicht mit Syrien, zumindest nicht offiziell. Die Zurückhaltung der USA gegenüber einem direkten Angriff gegen Assad ergibt sich aus der Befürchtung, dass nach dem Sturz Assads in Syrien die Herrschaft eines radikal sunnitischen Islam folgt, wie dem IS.
Die USA sind zynisch und unglaubwürdig, solange sie Verbündete des IS zu ihren Verbündeten zählen. Über Ankara wurde der IS mit Waffen beliefert, bezahlt wurden sie von Katar, Saudi-Arabien und die Vereinigten Emirate. Das Feindbild der sunnitischen Monarchien richtet sich gegen schiitische bzw. säkulare Regierungsformen, wie die von Assad, oder wie in den syrischen Gebieten der kurdische Selbstverwaltung. Das ließ sie zu IS-Sponsoren werden. Wenn sich diese Monarchien am Luftkrieg der USA beteiligen und sich auch noch als Speerspitze gegen das „Kalifat“ darstellen, so ist das mehr als unglaubwürdig.
Die Türkei ist Teil des Problems. Der Iran lehnt eine kurdische Eigenstaatlichkeit ebenso ab, wie ein Angriff gegen Assad.
Deutschland will rechte Kurden-Milizen mit Waffen versorgen, hält sich aber ansonsten außenpolitisch aus dem Konflikt um Kobane heraus. Dass der IS die Menschenrechte mit Füßen tritt, ist für Deutschland kein Grund sich einzumischen. Deutsche Islamisten wurden von deutschen und türkischen Behörden nicht daran gehindert, nach Syrien zu gelangen, um sich dort dem IS anzuschließen. Die deutschen Behörden führen nach eigenen Angaben etwa 6.000 aktive militante Glaubenskämpfer in ihren Unterlagen. Solange die IS-Milizen „nur“ gegen Assad gekämpft haben, wurden sie vom Westen unterstützt. Erst als die als Islamisten verkleideten IS-Milizen außer Kontrolle gerieten, wurden sie im Westen als Gefahr erkannt und sollen in Deutschland verboten werden.

Im Zusammenhang mit dem IS kommt man nicht umhin daran zu erinnern, dass das Problem erst entstand, nachdem der Westen alle gegen Assad gerichteten Parteien direkt unterstützt hat. In Syrien wurde ein Stellvertreterkrieg geführt, in dem alle unterstützt und ausgerüstet wurden, die gegen den Staat Syrien Krieg führten. Dazu zählten auch Islamisten aller Schattierungen und aus vielen Ländern, die bereits Kampferfahrungen in Afghanistan und Irak gesammelt haben und gegen die die USA völkerrechtswidrig Krieg geführt hat. Nur zur Erinnerung: Auch Osama Bin Laden war einst „Verbündeter“ der USA im Afghanistan-Krieg. Der IS hat Syrien nicht nur als sicheren Rückzugsraum genutzt, wie es die USA jetzt versuchen darzustellen, sondern die Milizen des IS sind in Syrien erst durch die Unterstützung des Westens groß geworden.
Man bekommt den Eindruck, dass die USA überhaupt nicht überblicken, was sie mit „ihren“ Kriegen bewirken. Kann man ihnen zubilligen, dass sie jede Büchse der Pandora öffnen, nur weil sie die Technik des Öffnens beherrschen? Sie zerstören zur Durchsetzung der Interessen ihrer Eliten vorhandene Strukturen in anderen Ländern und beherrschen in keinster Weise die Folgen ihres Tuns. Das ist nicht nur verantwortungslos, sondern im höchsten Maße auch gefährlich. Entsprechend ihrer nach dem 11.September 2001 angepassten Außenpolitik (weil sich der Gegner aus dem Kalten Krieg aufgelöst hat, oder besiegt wurde) stürzt sie mit ihren westlichen Verbündeten nicht nur Irak, sondern auch Afghanistan und Libyen ins Chaos. Frei nach dem Motto: Teile und herrsche. Dabei werden unbequeme „Schurken“ ausgeschaltet, Märkte neu verteilt und geostrategische Punkte besetzt. Die Rüstungsindustrie verdient daran.
Oder ist die Politik der USA doch eher kalte, über Leichen gehende Taktik? Einerseits beanspruchen sie nach dem Ende des Kalten Krieges die alleinige Weltmacht und gebaren sich auch als solche. Andererseits steht die USA neben den aufkommenden neuen Weltmächten China und Russland unter enormen Druck, die dem amerikanischen Unilateralismus im Wege stehen. Unilaterismus heißt uneingeschränkte, alleinige Weltmacht. D.h. die USA halten eine Legitimierung ihres Handelns durch den Sicherheitsrat mehr nicht für nötig. Da dieser kein Mandat für eine militärische Intervention zur Bekämpfung des Terrorismus gegeben hat, und Syrien im Gegensatz zu Irak um keine militärische Unterstützung gebeten hat, ist auch dieser Krieg (Luftangriff) völkerrechtswidrig. Genauso verfährt die USA auch in Pakistan, das sich gegen ungebetenen „Beistand“ durch Drohnenangriffe nicht wehren kann.
Putin gehört wohl jetzt zu den „Schurken“, wie einst Libyens Gaddafi und Iraks Hussein, oder wie immer noch Syriens Assad. Gestern Verbündete, heute Feinde. Hier der „einzig friedliebende“ Westen, dort „Terroristen“. Der Unterscheid zu den anderen „Schurken“ ist nur, dass ein Krieg gegen Russland ein 3. Weltkrieg bedeuten würde, den der Westens bei seinem eigenen Untergang nicht riskieren kann. Ungeachtet dessen bringt sich die Nato weiter in Richtung Osten in Stellung. Wenn sie offen sagen würden, sie brauchen Krieg zur Durchsetzung ihrer Interessen, wäre das nicht minder bitter aber verständlich. Stattdessen lügen sie, dass sich die Balken biegen. Sie brauchen für ihre Politik die Zustimmung des Volkes, oder besser des Wählers. Bei der Vorbereitung und Begründung ihrer Kriege folgen die USA immer dem gleichen Muster.
Interessant in diesem Zusammenhang, dass 7 ehemalige US-Geheimdienstmitarbeiter in einem offenen Brief an Merkel auf mögliche Fehlinformationen der Amerikaner über den Ukraine-Konflikt warnen. „Die Vorwürfe einer großen russischen Invasion in der Ukraine scheinen nicht von vertrauenswürdigen Geheimdienstinformationen gestützt zu werden“. Sie vergleichen die Vorwürfe des Westens gegen Russland mit der Argumentation der USA vor dem Irak-Krieg 2003. Alle „Argumente“ waren erfunden und konstruiert, wie sich hinterher herausstellte.

Dass fast alle westlichen Medien (Mainstream) im Krieg gleichgeschaltet werden und nur der psychologischen Kriegsführung dienen, zeigt auch „Die Anstalt“ aus ihrer satirischen Sicht (ZDF 23.09.14 http://www.youtube.com/watch?v=LSDitudiGR4&feature=youtu.be ). Leider wird im Mainstream das sehr ernste Thema (Ausschalten wichtiger Fakten wie z.B. im Ukraine Konflikt) ausschließlich nur aus der satirischen Sicht behandelt. Wie im privaten Leben gibt es auch in der Politik immer zwei Darstellungen ein und desselben Konfliktes. In der Ehe heißt das Rosenkrieg. Wenn aber in der Politik wesentliche Fakten einfach ausgeblendet werden, ist das psychologische Kriegsführung in einer gleichgeschalteten Gesellschaft. In der DDR konnte man noch zwischen „Ost- und Westsender“ wählen. Heute gibt es (Fortschritt sei Dank) das Internet. Die Masse aber „hängt am Tropf“ (im Sinne von Herrschaftswissen, das der Masse vorenthalten wird, oder das sich dieser nicht erschließt, weil sie unwissend nur dem folgt, der wider besseren Wissen halbe „Wahrheiten“ verbreitet).
Die öffentlich rechtlichen Fernsehsender wehren sich gegen Vorwürfe nicht nur aus den eigenen Reihen, dass sie einseitig und parteilich von Krisen berichten, wie im Ukrainekrieg. Wenn sie ihre „ neutrale Berichterstattung“ rechtfertigen, zeigt das nur, dass sie nervös werden und verwundert sind, dass es auch eine andere öffentliche Meinung gibt. Nichts fürchten sie mehr als Ausschaltquoten. Das lässt hoffen.

 

 

 

 

 

 

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