Beiträge mit dem Schlagwort: Völkermord

Afrika und Kolonialismus

In Deutschland ist zu wenig über die kolonialen Verbrechen bekannt, eine kritische Auseinandersetzung mit dieser Vergangenheit fehlt. Zwar gibt es zunehmend mehr Literatur, die sich mit den Folgen der deutschen Herrschaft in den ehemaligen Kolonialgebieten in Afrika, Kiautschou und der Südsee auseinandersetzt, aber öffentliche Aufklärung über den deutschen Kolonialismus findet kaum statt. Bis heute gab es keine Entschuldigung, geschweige denn finanzielle Wiedergutmachungen für Völkermord und Menschenrechtsverletzungen der Kolonialmächte.
Kolonial KonferenzVor 130 Jahren trafen sich am 15.11.1884 auf der Berliner Konferenz diplomatische Vertreter von 13 europäischen Mächten, sowie des Osmanischen Reiches und der USA, um den afrikanischen Kontinent unter sich aufzuteilen. Nach außen wurde das Treffen als Zivilisationsauftrag verkauft. Dabei  wurde das „Scramble for Africa“ (das große Grapschen nach Afrika) nur in „völkerrechtliche“ Bahnen gelenkt, und die Modalitäten künftiger kolonialer Besitzergreifungen zu regeln. Die Interessen der Afrikaner, sowie die Souveränitätsrechte afrikanischer Staatswesen überging man dabei eiskalt. Bismarck nutzte die Konferenz, um Großbritanniens Anspruch auf Monopolstellung in Westafrika zugunsten der Interessen der deutschen Wirtschaft zurückzudrängen. Der Schriftsteller Joseph Conrad, der 1890 den Kongo-Freistaat bereiste, nannte die Aufteilung des afrikanischen Kontinents in Berlin „die ekelhafteste Rangelei um Beute, die jemals die Geschichte des menschlichen Gewissens verunstaltete“. Auf der Konferenz wurden noch nicht die schnurgeraden, ethnische Gemeinschaften rigoros auseinanderreißenden Grenzen gezogen, die noch heute existieren, und Ursache von Kriegen und Vertreibungen sind, sondern „nur“ die Regeln festgelegt, wie die Kolonialmächte das Territorium Afrikas südlich der Sahara unter sich aufteilen sollten.
In den folgenden zwei Jahrzehnten kamen dann mehr als zehn Millionen Quadratmeilen afrikanischen Bodens und über 100 Millionen Afrikaner unter europäische Herrschaft. Mit Ausnahme des Burenkrieges 1899 bis 1902, geschah das noch ohne Waffengewalt. Blutig bis massenmörderisch hingegen verlief dann die Unterwerfung und Ausbeutung der Afrikaner. Der DDR-Kolonialhistoriker Helmuth Stoecker schrieb: „Die Eroberer zwangen die afrikanischen Völker mit militärischer Gewalt, ihnen nicht nur die Naturschätze des Kontinents zu überlassen, sondern ihnen darüber hinaus für die Gewinnung und den Abtransport Arbeitskräfte zur Verfügung zu stellen. Afrika wurde zu einem kolonialen Rohstofflieferanten des europäischen, später auch des US-amerikanischen Monopolkapitalismus.“ Die Europäer stießen aber nicht, wie später behauptet, auf ein Machtvakuum. Vielmehr wurden sie mit Widerstand gegen koloniale Eroberung und Okkupation konfrontiert, den sie nur durch Einsatz von bewaffneten Truppen, verstärkt durch einheimische Söldner, überwinden konnten. In einigen deutschen Kolonien wurden mehr Gefängnisse als Schulen errichtet. Dennoch hält sich das Gerücht, die deutsche Kolonialverwaltung hätte z.B. in ihrer „Musterkolonie“ Togo nur Bildung und Wohlstand für die einheimische Bevölkerung gebracht. Von dem Zivilisationsauftrag, der in Afrika erfüllt werden sollte, war die Realität weit entfernt. Mit solchen vorgeschobenen Zielen sollten nur Kritiker in den eigenen Ländern zum Schweigen gebracht werden.
Das Ende der Kolonialzeit ist nicht lange her. Die portugiesische Kolonie Macau wurde erst 1999 aus der europäischen Kolonialherrschaft entlassen. Viele ehemalige Kolonien gehören heute zur sogenannten Dritten Welt. Als Entwicklungsländer weisen sie einen deutlich geringeren Lebensstandard als die Kolonialmächte aus. Eine Hauptursache besteht in der fortgesetzten wirtschaftlichen Abhängigkeit der ehemaligen Kolonien, sowie durch Aufrechterhaltung und Schaffung neuer kolonialistischer Machtstrukturen (Neokolonialismus).

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Völker ohne Staat, Separatisten aller Länder …..

Die Bundesregierung will Waffen an die irakischen Kurden (Peschmerga- Kämpfer im Nordirak) für den Kampf gegen den „Islamischer Staat„ (IS) liefern, vorausgesetzt, die irakische Regierung in Bagdad stimmt dem zu. Diese Waffenlieferungen sollen erstmals ganz legal, d.h. regierungsoffiziell erfolgen (s. 4.Beitrag weiter unten). Der Türkei schmeckt das gar nicht. Deutschland schließt Waffenlieferungen an die syrischen Kurden aus, weil ihr die zu demokratisch und mit der PKK (türkische Kurden) verbündet sind. Die syrischen und türkischen Kurden stehen für demokratische Rechte, Minderheitenschutz und Autonomie innerhalb der bestehenden Nationalstaaten. Die Bundesregierung liefert Waffen lieber an die erzkonservative Kurdenpartei KDP unter Masud Barzani in Nordirak, der die staatliche Unabhängigkeit will. Die irakischen Kurden aber unterstützen die syrischen Kurden gegen den IS. Im Kampf gegen den gemeinsamen Feind des IS sind sich die Bruderparteien einig. Die Nato-Partner Türkei und Deutschland schauen lieber zu, wie der „Islamische Staat“ Krieg gegen das kurdische Volk in Syrien führt. Die Bundesrepublik weiß nun nicht mehr, wie sie die Büchse der Pandora wieder schließen kann, die sie mit den Waffenlieferungen an die irakischen Kurden geöffnet hat. Der Luftkrieg der USA hat den Kurden noch nicht wirklich geholfen.
DIS Territoriumer „Islamische Staat“, vom Westen im Kampf gegen Assad mit schweren Waffen ausgerüstet, will ein Kalifat (islamischer Gottesstaat) entlang des Euphrat errichten. Er hat sich 2004 nach der völkerrechtswidrigen Invasion des Irak durch die westliche „Koalition der Willigen“ gebildet. Inzwischen ist es die reichste Terrorgruppe der Welt, die sich durch Bank-Raub Ölverkauf und Plünderungen bis hin zur zynischen „Almosensteuer“ finanziert. Zu Beginn ihres Kampfes gegen das Assad-Regime wurde die Terrormiliz vor allem von Kuwait, Katar und Saudi-Arabien gesponsert. Die USA haben Islamisten, die sich später dem IS anschlossen, 2012 auf einem geheimen Militärstützpunkt in Jordanien ausgebildet. Kalif und Oberkommandierender des IS soll ein Iraker sein, der früher im Auftrag der CIA und des saudischen Geheimdienstes in Afghanistan in den Reihen von Al Qaida kämpfte. Ihm unterstehen mittlerweile jeweils 12 Gouverneure in Irak und Syrien.
Andersdenkende werden nicht nur mit Waffengewalt vertrieben, sondern vernichtet, wie z.B. die Yeziden. Der „Islamische Staat“, der vielleicht schon einer ist, vertreibt und vernichtet Andersdenkende mit Waffengewalt seit etwa 3 Jahren. Er ist faschistisch, motiviert durch eine religiöse Ideologie und kann sich bei seiner Aggresion nicht auf das Selbstbestimmungsrecht der Völker berufen. Seine gut ausgebildete Miliz folgt einem fehlgeleiteten, instrumentalisierten Glauben an einen sunnitischen Islam. Rekrutiert werden seine Kämpfer aus zerschlagenen Staaten wie Syrien und Irak, Glaubenskrieger aus arabischen Ländern wie Saudi-Arabien (aus dem auch Osama bin Laden kam), sowie Konvertierte aus westlichen Ländern. Dschihadisten (militante Strömung des Islamismus), die mit Waffengewalt und Terror völkerrechtswidrig einen islamischen Staat errichten wollen, und für die das Völkerrecht, wie Integrität eines Staates, ein Fremdwort ist. Die Unterstützung des bewaffneten Kampfes gegen den IS ist ein gerechter Krieg, denn es geht um den Schutz des Lebens und von Minderheiten, um Menschenwürde, aber auch um Religionsfreiheit. Ist damit die Grenze erreicht, bei der auch ein Pazifist, bzw. ein Antimilitarist einen gerechten Krieg unterstützen kann?
Im Gegensatz dazu wollen die syrischen Kurden einen Staat nach demokratischen Grundsätzen errichten. Frauen werden die gleichen Rechte wie Männern zugesichert. Das ist ein Affront gegen die Gesetze der Dschihadisten des IS, die Frauen extrem diskriminieren. Das Ziel auf dem Territorium ihren Staat zu errichten, auf dem sie schon lange leben, verfolgen die Kurden seit sie verstreut in 5 Ländern ohne eigenen Staat leben. Die syrischen Kurden haben dazu in Kobane ihre Selbstverwaltung aufgebaut. Diese Möglichkeit ergab sich, nachdem im syrischen Bürgerkrieg und dem vom Westen unterstützten Kampf gegen Assad, der syrische Staat so gut wie zerfallen ist. Ebenso konnte der IS in Syrien „sein“ Territorium durch Krieg erweitern. Wie auch im Irak, nachdem der irakische Staat durch den völkerrechtswidrigen Krieg der USA auch so gut wie zerfallen ist. So hangelt sich der Terrorismus von einem Krieg zum anderen. Auslöser ist jeweils das Vormachtstreben des Westens, allen voran die USA. Erst werden Terroristen gezüchtet um ihnen dann den Krieg zu erklären.
Nach dem Ende des Osmanischen Reiches wurde Kurdistan zerstückelt. Engländer und Franzosen haben den Kurden erst einen eigenen Staat zugesichert, später dann eine Staatsgründung verhindert. Damit haben sie einen Konflikt im Nahen Osten hinterlassen, der bis heute anhält. Noch im 1.Weltkrieg wurde im Osmanischen Reich, aus dem die Türkei hervorging, der Genozid gegen die Armenier begangen. Die Türkei hat nach ihrer Gründung 1923 die Kurden nicht als ethnische Minderheit anerkannt.
Die Kurden sind nicht das einzige Volk ohne eigenen Staat. Nach dem 2. Weltkrieg beschloss die UNO die Teilung Palästinas in einen jüdischen und einen arabischen Staat. Israel nahm das Recht für sich in Anspruch und verwehrt es den Palästinensern seitdem durch völkerrechtswidrige Besetzung Palästinas. Die Separatistenbewegung der Schotten, die als Volk schon einmal ein eigenes Land hatten, hat keine Mehrheit gefunden. Die Separatistenbewegung der Katalanen wurde durch die spanische Zentralregierung für verfassungswidrig erklärt. Die Basken kämpfen für ein sozialistisches, unabhängiges und vereintes Baskenland, das unter Spanien und Frankreich aufgeteilt ist. Statt eine demokratische Lösung zu fördern, setzen beide Staaten weiter auf Repression. Die ETA, die ihren bewaffneten Kampf gegen die Franco-Diktatur in Spanien begann und 2011 einseitig beendet hat, wird weiter als terroristische Organisation eingestuft. Die Regierungen Spaniens und Frankreichs haben kein Interesse daran etwas ändern, um demokratische Kräfte weiter verfolgen zu können. Die ETA teilt insofern das Schicksal der kurdischen PKK.
Die Separatisten der Ukraine, die von ca. 80% der russisch sprechenden Bevölkerung im Osten unterstützt wird, werden von „ihrer“ eigenen Zentralregierung, die mit einem Staatsstreich und westlicher Unterstützung gebildet wurde, beschossen. Warum sollen die Ost-Ukrainer nicht wie die Schotten über ihre Selbstbestimmung abstimmen dürfen? Warum schießt nicht auch die spanische Zentralregierung auf ihr eigenes Volk? Hat die ukrainische Zentralregierung noch nicht den westlichen Standard einer Demokratie erreicht? Warum stellt man solche Fragen nicht auch im Westfernsehen?
Was sagt das Völkerrecht zur Separatistenbewegung der Kurden (türkische, syrische, irakische, iranische und armenische Kurden)? Einseitige Sezessionen sind völkerrechtswidrig, wie z.B. die pro-Westliche in Kosovo oder die pro-Russische auf der Krim. Sie zerstören die territoriale Integrität eines Staates. Eine Sezession ist nur in Abstimmung mit der Regierung des Zentralstaates zulässig. D.h. der gesamte Staat muss darüber entscheiden. Der Westen verletzt das Völkerrecht, wenn es um eigene Interessen geht, und verurteilt andere Staaten, wenn diese das Völkerrecht für ihre Interessen verletzen. Wenn es um seine Interessen geht, misst der Westen ständig mit zweierlei Maß.
Die Kurden berufen sich auf das Selbstbestimmungsrecht der Völker, wenn es um die Bildung ihres eigenen Staates geht. Dieses zentrale Recht hat jedes Volk, jedoch gilt es nur innerhalb staatlicher Grenzen. Auf dieses Prinzip hat sich die Völkergemeinschaft der UNO nach dem 2. Weltkrieg infolge der antikolonialen Befreiungskriege geeinigt. Die Kurden haben es durch die Zerstückelung ihres Siedlungsgebietes schwer ihren eigenen Staat unter Einhaltung des Völkerrechts zu bilden. Es bedarf einer Völkergemeinschaft, die Verständnis für die Probleme der Kurden mitbringt. Die gibt es noch nicht. In diesem Fall ist das Völkerrecht (Session bei Zustimmung mehrerer Staaten oder Selbstbestimmung innerhalb eines Landes) hinderlich bei der Lösung des Problems für ein Volk ohne Land. Hinzu kommt, dass sich die Kurden selbst untereinander auch nicht immer einig sind. Und natürlich geht es auch oft um Bodenschätze in Territorien, auf die eine Zentralregierung nicht verzichten will. Und nicht zuletzt geht es um Interessen der Staaten, die sich das Recht des Stärkeren nehmen und die meinen, Krieg sei ein zulässiges Mittel der Politik.
Landesgrenzen sind in der Regel das Ergebnis von Kriegen, in denen keine Rücksicht auf Interessen von Ethnien (Volksgruppe mit eigener Identität wie Sprache, Kultur usw.) genommen wurde und wird. Infolge der Expansion durch Krieg versuchen die Eliten eines Landes, bzw. die Machthabenden, die meist durch ethnische Mehrheiten gestellt werden, ethnische Minderheiten zu vertreiben. Die schlimmste Folge ist Völkermord, d.h. die ethnische Säuberungen durch Vernichtung bestimmter Ethnien in einem Land. Ethnische Säuberung kann auch „nur“ das Entfernen einer ethnischen oder religiösen Gruppe aus einem bestimmten Territorium durch gewaltsame Vertreibung, Umsiedlung, Deportation oder Mord sein. Oder „nur“ die ethnische Entmischung durch einen geplanten und organisierten Bevölkerungsaustausch. Selbst die Gentrifizierung eines Wohngebietes wirkt wie eine ethnische Säuberung, wobei hier nicht Ethnien, sondern „nur“ einkommens-schwache gegen –starke ausgetauscht werden. Nicht durch Gewalt, sondern über antisoziale Marktwirtschaft.
Beispiele ethnischer Säuberungen und Völkermorde gibt es viele in der Geschichte. In der Neuzeit begann mit der Entdeckung Amerikas die Ausrottung mehrerer Indianerstämme durch die Europäer. Das 20. Jahrhundert gilt als das Zeitalter des Genozids schlechthin. Es gibt aber auch viele Beispiele, wo unterschiedliche Völker (Ethnien), Kulturen und Religionsgemeinschaften in einem Land friedlich miteinander leben. Voraussetzung war immer eine funktionierende Staatsgewalt und/oder Gleichberechtigung zwischen verschiedenen Völkern. Völker haben ein Bedürfnis nach eigener Identität sowie den Wunsch, ihre Rechte und Interessen wahrzunehmen, wenn sie diese in einem Staat nicht bekommen und wie eine Minderheit behandelt werden.
Heute leben in Deutschland z.B. Katholiken, Lutheraner, Reformierte und Atheisten oder Preußen und Bayern friedlich miteinander. Ethnische Konflikte z.B. zwischen Sachsen und Preußen sind unvorstellbar, und haben in einem demokratischen Staat auch keine Grundlage mehr. Zumindest solange das Zusammenleben nicht in Frage gestellt wird. Deutschland trägt aber auch die Verantwortung für Völkermorde. Als Kolonialmacht im annektierten Namibia gegenüber den Herero und das faschistische Deutschland aus rassistischen und politischen Gründen gegenüber Juden, Sinti und Roma, Homosexuelle und nicht zuletzt Kommunisten. Man kann auch nicht unerwähnt lassen, dass Kolonialismus wie auch Faschismus ihren Ursprung im Kapitalismus hatten.
In den Vielvölkerstaaten Sowjetunion und Jugoslawien sind ethnische Konflikte erst wieder aufgebrochen, als die Staaten infolge des Kalten Krieges implodierten. Erst ab dann wurden schwelende ethnische Konflikte gezielt von innen und von außen geschürt und instrumentalisiert. Ab da ging es um Neuverteilung, Sicherung von Macht, Territorien und Bodenschätzen. Und immer hatte der Westen nach allen Kräften mitgemischt. In Afghanistan, Irak, Libyen und Syrien hat der Westen durch Völkerrecht nicht legitimierte Kriege selbst direkt eingegriffen, mit dem Ziel unbequeme Staatsführer („Schurken“) auszuschalten. Kampf gegen Terrorismus und Menschenrechte waren nur vorgeschobene Gründe. Hinterlassen hat der Westen Chaos, in dem auch wieder ethnische Konflikte geschürt und für Interessen westlicher Eliten instrumentalisiert wurden.

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Afrika und Rassismus

Die UNO hatte das Jahr 2001 zum Internationalen Jahr gegen Rassismus erklärt. Dabei wurde die Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit auf den in den letzten Jahrzehnten weitgehend vergessenen afrikanischen Kontinent gelenkt. Afrikanische Staaten fordern die Anerkennung des Sklavenhandels als „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“. Europa sitzt auf der Anklagebank für 400 Jahre Sklaverei und Kolonialismus. Die USA versagen die Anerkennung mit der Begründung, dass die arabischen Staaten Zionismus und Rassismus gleichsetzen, um Israel als rassistischen Staat zu verurteilen.
Schätzungen zufolge fielen in den dreihundert Jahren zwischen 1550 und 1850 rund fünfzig Millionen Afrikaner dem Sklavenhandel zum Opfer. Sie wurden in ihrer Heimat gekidnappt und wie Vieh über den Atlantik verfrachtet. Viele starben schon während der Überfahrt. Die Überlebenden schufteten auf Baumwoll- und Zuckerrohrplantagen in Süd- und Nordamerika und auf den karibischen Inseln.
Rassismus ist eine frühe Form des Kolonialismus und Sklaverei. Sklaverei war ein wirtschaftlicher Faktor zur Erzielung von Profit. Afrikaner dienten als Handelsware, mit der man Geschäfte macht. Sklaverei wurde lange als Teil der natürlichen Ordnung akzeptiert. So wie heute Obdachlosigkeit höchstens als bedauerlicher Zustand gesehen wird, nicht als Übel. Auch die Bibel musste als Rechtfertigung der Misshandlung und Unterdrückung herhalten.
Erst Ende des 18.Jahrhunderts wurde Sklaverei als Sünde betrachtet. Der Aufstand der Sklaven auf Haiti führte zu ihrer Befreiung. Die Unterentwicklung und Armut in den meisten Ländern Afrikas und der Karibik sind zum überwiegenden Teil Folge des Sklavenhandels. Dem afrikanischen Kontinent entstand durch den massiven Aderlass ein unermesslicher Schaden. Die Folge war eine blockierte Entwicklung, soziale Deprivation und Minderwertigkeitsgefühle, Ghettoisierung und Verarmung. Den Afrikanern wurden die Früchte ihrer Arbeit gestohlen, ihre afrikanische Kultur, ihr Erbe, ihre Familie; Sprache und Religion wurden ihnen versagt, ihre Identität, ihr Selbstbewusstsein wurden zerstört durch Unterdrückung und Hass.
Nach Ansicht von Historikern war der Sklavenhandel das größte Verbrechen der Weltgeschichte. Ohne die unbezahlte Arbeitskraft der Sklaven wäre die von England ausgegangene industrielle Revolution nicht möglich gewesen. Nur mit dem aus dem Sklavenhandel akkumulierten Kapital hat sich der Westen zur „ersten Welt“ entwickeln können. Ein Großteil des Reichtums des Westens beruht auf ein eklatantes Verbrechen gegen die Menschheit.
Die jüngste Geschichte Deutschlands ist nicht nur schwer belastet durch den Völkermord über die Hereros in Namibia in der Kolonialzeit, sondern auch durch die Rassentrennung während des Faschismus. Die industrielle Vernichtung der Juden durch die Nazis war eine besonders menschenverachtende und verabscheuungswürdige Form des Rassismus im Faschismus.
Simbabwe hat die Forderung nach Reparationen für „das internationale Verbrechen des Kolonialismus“ in seiner Verfassung verankert. Der Premierminister von St. Vincent und den Grenadinen, Ralph Gonsalves, hat im August 2013 erklärt, er werde in der Frage der Entschädigung für Sklaverei und Völkermord nicht nachgeben. Die Karibik macht Europa für den Völkermord und die Versklavung als den Hauptverursacher der regionalen Unterentwicklung verantwortlich.
Erst jüngst errangen kenianische Überlebende von Folter und Übergriffen durch die britische Kolonialmacht während des Mau-Mau-Aufstands von 1952 und 1963  einen historischen Sieg. Im Rahmen eines Abkommens erkannte die britische Regierung an, dass kenianische Unabhängigkeitskämpfer Folter und anderen Misshandlungen durch die damalige britische Kolonialverwaltung ausgesetzt waren. Sie kündigte Entschädigungen für 5.228 Opfer in Höhe von insgesamt 19,9 Millionen Pfund (22,84 Millionen Euro) an. Das ist ein Bruchteil der 16,5 Milliarden Pfund (nach heutigem Wert), mit denen die 3.000 Sklavenhalterfamilien für den Verlust ihres „Eigentums“ nach der Abschaffung der Sklaverei in den britischen Kolonien 1833 entschädigt wurden.
Nach dem Ende der Sklaverei sicherte sich die weiße Minderheit in Südafrika ihre selbsterklärte Vorherrschaft. Apartheid steht für die systematische Unterdrückung und Ausbeutung einer Bevölkerungsmehrheit von rd. 41 Millionen Schwarzen durch rd. 4 Millionen Weiße. Die Rassentrennung wurde 1990 zwar für beendet erklärt, lebt aber in Form von Armut der übergroßen Mehrheit der schwarzen Bevölkerung nicht nur in Südafrika weiter. Da Armut dem Kapitalismus systemimmanent ist, wird diese nicht abgeschafft werden können, ohne das System zu ändern. Zweifel, dass das Reformen bewirken könnten, sind hier angebracht.

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